Zehn Jahre Kapitalanlagegesetz

Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) wurde am 16. Mai 2013 vom Deutschen Bundestag beschlossen, am 04. Juli 2013 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat überwiegend zum 22. Juli 2013 in Kraft. Zeit für eine Rückschau. EXXECNEWS befragte Rechts- und Steuerberater, Finanzdienstleistungsverbände, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Anlagevertriebe zu ihren persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen mit diesem für den deutschen Kapitalmarkt so bedeutenden Gesetz. Ist die Finanzbranche mit diesem „Grundgesetz“ des Kapitalanlagemarktes zufrieden? Wo werden Stärken, wo Schwächen des KAGB gesehen? Wo müsste/könnte nachgebessert werden? Wie sind die Erfahrungen mit der Umsetzung – in der Beratung, in der Konzeption, mit der BaFin, mit der Rechtsprechung? Lesen Sie hier ein Kaleidoskop durchaus unterschiedlicher Meinungen mit sowohl Lob als auch Tadel der deutschen Finanzbranche zu „Zehn Jahre KAGB“.

Geleitwort von Dr. Florian Toncar, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen

In diesem Jahr feiert das Kapitalanlagegesetzbuch seinen zehnten Geburtstag. Ein Grund zum Feiern? Ich meine: Unbedingt.

Ich sehe hierfür drei Gründe:

Grund 1: Das Kapitalanlagegesetzbuch – Regeln für einen starken und wettbewerbs- fähigen deutschen Fondsmarkt
Das Kapitalanlagegesetzbuch ist das erste umfassende Regelwerk für alle Investmentfonds und ihre Manager in Deutschland. Es entstand im Jahr 2013 im Zuge der Umsetzung der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie) ins deutsche Recht. Die entscheidende Neuerung war, dass erstmals gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Fondsanbieter in Deutschland geschaffen wurden, da nicht mehr zwischen regulierten und unregulierten Fonds unterschieden wurde. Nicht nur die bislang regulierten Anbieter offener Fonds, sondern auch die Anbieter Geschlossener Fonds wurden dem Regelwerk unterstellt. Kein Fonds gehörte damit mehr dem Graumarktbereich an. Für Anleger bedeutete dies mehr Sicherheit und Klarheit. Das Vertrauen in den Fondsmarkt wurde gestärkt. Das Gesetz stellte zudem eine geglückte Kombination von Bewährtem und Neuem dar. Bewährte Teile des bis dahin geltenden Investmentgesetzes wurden, teilweise unter Anpassungen, übernommen. Dazu gehörte insbesondere der Spezialfonds als wichtiges Anlagevehikel für institutionelle Investoren. Auch die Regelungen zum Liquiditätsmanagement für offenen Immobilienfonds fanden die Gestalt, die sie auch heute noch haben, und brachten Stabilität in diesen Sektor.

Grund 2: Gelungene Modernisierung des Aufsichts- und Regulierungsrahmens
Das Gesetz, wie wir es jetzt in den Händen halten, ist natürlich nicht mehr dasselbe wie vor zehn Jahren. Der Aufsichts- und Regulierungsrahmen wurde fortwährend erfolgreich an Entwicklungen in Deutschland, in der EU und auf globaler Ebene angepasst. Ein wichtiger Schritt war zuletzt das Fondsstandortgesetz aus dem Jahr 2021. Bundesregierung und Bundestag reagieren immer wieder auf Entwicklungen und Bedürfnisse, das bringt den Fondsstandort voran. Ein konkretes Beispiel für die fortlaufende Modernisierung des Kapitalanlagegesetzbuchs ist, dass es seit 2016 auch gesetzlich geregelt ist, wie Fonds Darlehen vergeben dürfen, womit auf Entwicklungen in anderen EU-Ländern reagiert wurde. Fondsverwaltern stehen seit 2020 mehr Möglichkeiten zur Begrenzung von Liquiditätsrisiken zur Verfügung. Seit 2021 ist mehr digitale Kommunikation möglich. Als einer der ersten Fondsstandorte in Europa führte Deutschland elektronische und Kryptofondsanteile ein. Auch wurde die Produktpalette der Fondsanbieter im Interesse der Anleger ausgeweitet.

Grund 3: Wachstum des deutschen Fondsmarktes
Der Fondsmarkt ist seit 2013 kontinuierlich gewachsen: Ende 2013 gab es 90 Kapitalverwaltungsgesellschaften mit Vollerlaubnis, Ende 2022 schon 144. Die Zahl der deutschen Fonds stieg in diesem Zeitraum von 5.840 auf 7.715, das verwaltete Fondsvolumen von 1.421 Milliarden Euro auf 2.506 Milliarden Euro. Seit Jahren behauptet Deutschland den dritten Platz als Standort für die Auflage von Fonds im Euroraum. Diese Zahlen belegen, dass es gelungen ist ein attraktives Umfeld für Investmentfonds in Deutschland zu schaffen.

Ausblick
Mit dem Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes gehen wir einen weiteren Schritt, um Investitionen in den Klimaschutz zu mobilisieren. Das Kapitalanlagegesetzbuch soll geändert werden, um die Anlagemöglichkeiten für Fonds im Bereich der Erneuerbaren Energien auszuweiten.
Auch auf der europäischen Ebene geht die Entwicklung weiter. Nach dem Abschluss der Verhandlungen über die Änderungen der AIFM-Richtlinie werden wir uns zügig an die Umsetzung machen. Wir werden die dann europäisch einheitlichen Regeln über die Anforderungen an Fondsverwalter, die darlehensvergebende Fonds verwalten, und den Einsatz von Liquiditätsmanagementtools ins Kapitalanlagegesetzbuch einarbeiten. Auf europäischer Ebene wird nachgezogen, was es zum Beispiel in Deutschland schon gibt, und dadurch ein weiterer Schritt getan, um gleiche Wettbewerbsbedingungen in der EU zu schaffen.
Zehn Jahre Kapitalanlagegesetzbuch – mit diesem Gesetz wurde der Grundstein für eine erfolgreiche Entwicklung gelegt. Die Bundesregierung wird daran arbeiten, dass Investmentfonds auch in den nächsten zehn Jahren eine attraktive Form der Geldanlage sein werden.

Dr. Florian Toncar war von 2009 bis 2013 Vorsitzender des Finanzmarktgremiums des Deutschen Bundestags und damit maßgeblich an der Entstehung des KAGB beteiligt.

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