„Wohnimmobilien – die beste Investition der letzten 140 Jahre“

Steigende Mietkosten, Mangel an Wohnraum – Standardmeldungen, die nur durch die dramatischen Nachrichten vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in den Hintergrund gedrückt wurden. Durch die wachsende Zahl der Ukraine-Geflüchteten wird dieser Krieg zusätzlichen Druck auf den deutschen Wohnimmobilienmarkt auslösen: Die Nachfrage nach Wohnraum wird noch weiter steigen.

„Der Wohnungsmarkt befindet sich zudem in einem strukturellen Wandel. Der Wohnungs- und Immobilienmarkt ist für viele Anleger attraktiver geworden. Dies gilt sowohl für internationale Fonds und Aktiengesellschaften als auch für private Anleger, die aufgrund des niedrigen Zinsniveaus in Immobilien investieren. Wachsende Nachfrage von Anlegern und Mietern führt dabei teilweise zu erheblichen Steigerungen bei den Kaufpreisen und den Mieten, für die Wohnungen angeboten werden.“ So das Resümee des neugeschaffenen Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB).

Demografische Trends hatten bereits in den letzten Jahren ihre Auswirkungen auf den Wohnimmobilienmarkt: Trotz geringer Geburtenzahlen ist die Bevölkerungszahl durch Zuzug gestiegen. Die älter werdende Bevölkerung verweilt länger in der eigenen Wohnung. Um nur zwei Ursachen zu nennen. Auch Veränderungen der Wohnverhältnisse, insbesondere die steigende Zahl der Ein-Personen-Haushalte, haben zu einer Nachfragesteigerung nach Wohnraum geführt, so die Kapitalverwaltungsgesellschaft d.i.i. Investment GmbH, Wiesbaden. Nach Prognosen des Statistischen Bundesamtes wird deren Zahl bis 2040 auf insgesamt 19,3 Millionen (im Vergleich 2018: 17,3 Millionen) ansteigen.

Wohnungsmarkt im Koalitionsvertrag

Abhilfe gegen den konstanten Druck auf Preise und Mieten soll nach der Politik nur eines schaffen: „Bauen, bauen, bauen“. Entsprechend heißt es im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, der in seiner wohnungspolitischen Passage unter Leitung von Kevin Kühnert (SPD), Christian Kühn (Grüne) und Daniel Föst (FDP) entstand: „Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Dafür werden wir die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau inklusive sozialer Eigenheimförderung fortführen und die Mittel erhöhen. Wir werden ein ‚Bündnis bezahlbarer Wohnraum‘ mit allen wichtigen Akteuren schließen. Wir werden zeitnah eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen auf den Weg bringen und so eine neue Dynamik in den Bau und die dauerhafte Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums erzeugen.“

Nach Meinung von Dr. Ralph Henger, Senior Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik beim Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), und Professor Dr. Michel Voigländer, Leiter des Kompetenzfeldes Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim IW, überschreiten 400.000 Wohnungen den Bedarf deutlich – nach IW-Berechnungen wären 308.000 Einheiten ausreichend. „Auch die Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus ist kaum zu realsieren, da dies mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden ist. Zudem bremst der Fachkräftemangel den Wohnungsbau: In der gesamten Baubranche können 50 Prozent der Stellen für Fachkräfte nicht besetzt werden.“

Die steigende Zahl der Privathaushalte und die Erhöhung der Wohnfläche pro Kopf treiben Preise und Mieten am Wohnungsmarkt. Während das Statistische Bundesamt 40,6 Millionen Wohnungen in 2011 zählte, erhöhte sich die Zahl bis 2020 auf 42,8 Millionen Wohnungen. Die durchschnittliche Wohnungsgröße erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 91,1 auf 92,0 Quadratmeter, was einer Erhöhung von 46,1 auf 47,4 je Einwohner entspricht. Die kleinsten Wohnungen entfallen auf die Stadtstaaten Berlin (Durchschnitt: 69,5 Quadratmeter) und Hamburg (Durchschnitt: 70,2 Quadratmeter).

Struktur der Wohnungseigentümer

Während sich die vom Statistischen Bundesamt ermittelte Wohnungszahl auf alle Wohnungen bezieht, somit auch die eigengenutzten, wurden nach Angaben des Zensus im Jahr 2011 rund 23 Millionen Wohnungen von verschiedenen Eigentümertypen vermietet. So das BMWSB. Die mit Abstand größte Eigentümergruppe stellen die privaten Kleinvermieter dar, die etwa zwei Drittel aller Mietwohnungen vermieten. Daneben gibt es unterschiedliche professionelle Anbieter, die insgesamt etwa 7,9 Millionen Wohnungen vermieten. Die größten gewerblichen Anbieter sind privatwirtschaftliche Unternehmen, kommunale Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften, die jeweils zwei bis drei Millionen Wohnungen bewirtschaften.

Das Bild, dass der Wohnungsmarkt beherrscht wird von Wohn-Tycoons und großen Kapitalgesellschaften wie der Vonovia, Bochum, die 400.000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich im Bestand hat, entspricht nicht der Realität. Forderungen nach Enteignung sind zwar populär, aber nicht zielführend. „Die privaten Vermieterhaushalte stellen einen wichtigen Bestandteil des deutschen Wohnungsmarktes dar. Fast 14 Millionen Haushalte wohnen in einer von einem privaten Vermieter vermieteten Wohnung, das entspricht rund einem Drittel aller Haushalte in Deutschland“, schreibt Pekka Sagner, Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik beim Institut der Deutschen Wirtschaft in seinem aktuellen IW-Kurzbericht „Wohneigentumspuzzle“.

Sagners Blick auf die genauere Struktur der privaten Vermieter widerspricht der verbreiteten Auffassung vom „Kapitalismus-Opfer Wohnungsmarkt“. Sagner schreibt: „Das Bild vom reichen privaten Vermieter muss mit Vorsicht betrachtet werden. Zwar gehören 40 Prozent der privaten Vermieterhaushalte zum einkommensstärksten Fünftel der Haushalte, aber ein Fünftel der Vermieter gehört zu den einkommensschwächeren 40 Prozent der Haushalte. Bei rund sieben Prozent der Vermieterhaushalte überstiegen die Kosten für Instandhaltung oder Modernisierung zuletzt die Mieteinnahmen.“

Eine Momentaufnahme des deutschen Wohnungsmarktes vermittelt das „Frühjahrsgutachten Immobilienwirtschaft 2022“, das der „Rat der Immobilienweisen“ Professor Dr. Dr. h.c. Lars Feld (Walter Eucken Institut), Michael Gerling (EHI Retail Institute), Sven Carstensen (bulwiengesa), Professor Dr. Harald Simons (empirica) und Carolin Wandzik (GOS) im Auftrag des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V., Berlin, gefertigt hat. Das Kapital „Wohnimmobilien“ trug Harald Simons bei.

Preis- und Mietensteigerungen

Die Angebotsmieten für Bestandswohnungen sind 2021 bundesweit durchschnittlich um 3,7 Prozent auf 8,46 Euro pro Quadratmeter Monatsmiete gestiegen. In den „A-Städten“, den großen Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf, betrug der Anstieg über das Jahr 2021 im Mittel „nur“ 2,7 Prozent auf eine Monatsmiete von 12,27 Euro pro Quadratmeter. Da in den „A-Städten“ die Mieten bereits ein hohes Niveau erreicht hatten, ist es nicht verwunderlich, dass dort der Anstieg der Mieten unter dem bundesweiten Durchschnitt liegt.

Für sein „Wohnbarometer“ hat das Immobilien-Portal Immoscout24 ausgewählte Mittelstädte mit einer Einwohnerzahl ab 80.000 analysiert: Danach stiegen dort 2021 die Mietpreise für Bestandswohnungen um 4,1 Prozent und im Neubaubereich um 7,0 Prozent. Am günstigsten waren Bestandsmieten in den untersuchten Mittelstädten mit 5,44 Euro pro Quadratmeter in Gera, am teuersten dagegen mit 8,46 Euro pro Quadratmeter in Ratingen.

Darstellung der Eigentümerstruktur des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen sind 2021 nach dem „ZIA-Frühjahrsgutachten 2022“ im bundesweiten Mittel um 14,3 Prozent auf 3.140 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Am stärksten fiel die Teuerung aus in den „A-Städten“ Düsseldorf (ein Plus von 16,0 Prozent auf 4.627 Euro pro Quadratmeter) und in Köln (ein Plus von 15,3 Prozent auf 4.421 Euro pro Quadratmeter). Unter dem bundesweiten Durchschnitt war die Preisentwicklung in den anderen „A-Städten“ Berlin, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart und selbst München, wo mit 8.756 Euro der höchste Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen verlangt wird. Auch stagniert der Neubau von Wohnungen in allen „A-Städten“, was die Kaufpreise weiter steigen lässt und deutlichen Druck auf die Renditen ausübt.

Darstellung der Preisentwicklung von Immobilien, Copyright: Primus Valor

Die Dr. Klein Privatkunden AG, Lübeck, berichtet von noch stärkeren Preissteigerungen. Mit einer Teuerung von 16,69 Prozent muss in Hamburg für den Quadratmeter Wohnung 5.440 Euro gezahlt werden – etwas mehr als in Berlin mit 5.340 Euro. In Dresden beträgt die Preissteigerung bei Eigentumswohnungen 17,8 Prozent und 19,14 Prozent bei Eigenheimen. Für die Immowelt AG, Nürnberg, ist München bei einer Preissteigerung um zwölf Prozent mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 8.610 Euro die teuerste Stadt Deutschlands. Es folgt Frankfurt, wo der Durchschnittspreis von Eigentumswohnungen bei 5.960 Euro pro Quadratmeter liegt – ein Plus von 17 Prozent innerhalb eines Jahres. Verteuerungs-Spitzenreiter sei Erfurt, wo die durchschnittlichen Preise 2021 um 31 Prozent auf 2.610 Euro stiegen.

Die Renditen des Wohnimmobilienmarktes

Der deutliche Kaufpreisanstieg und der verhaltene Anstieg bei den Mieten ließen die Renditen für Wohnimmobilien in den „A-Städten“ mit 2,2 bis drei Prozent weiter sinken. So das „ZIA-Frühjahrsgutachten 2022“. Am niedrigsten sei die Mietrendite in Berlin (2,18 Prozent) und München (2,37 Prozent). Die Werte für Hamburg (2,67 Prozent), Frankfurt und Düsseldorf (je 2,76 Prozent) sind etwas höher und am höchsten sind sie in Köln (2,97 Prozent) und Stuttgart (3,04 Prozent).

Zu anderen Ergebnissen kommt die Baufi24 Baufinanzierung AG, Hamburg, in ihrer Analyse: Deutschlandweit lag die Mietrendite 2021 bei 3,89 Prozent – das sind 1,03 Prozentpunkte mehr als 2020. München stellt mit 2,49 Prozent das Schlusslicht unter den Metropolen. Mit Abstand folgen Hamburg (2,73 Prozent) und Düsseldorf (2,94 Prozent). Die höchste Mietrendite ließ sich im vergangenen Jahr in Stuttgart (3,39 Prozent) erzielen. Ähnlich hoch fällt die Mietrendite aus in Köln (3,32 Prozent) und Frankfurt (3,07 Prozent). Unter den 100 Städten ab 100.000 Einwohnern bot Gera mit 6,65 Prozent die attraktivste Mietrendite in 2021.

Im Vergleich mit anderen Assetklassen klingt das nach niedrigen Renditen bei Wohnimmobilien. Der Preis für eine hohe Anlagesicherheit? Die Kapitalverwaltungsgesellschaft PI Fondsmanagement GmbH & Co. KG, Röthenbach a.d. Pegnitz, meint dazu, dass sich hohe Rendite und hohe Sicherheit nicht widersprechen müssen und bezieht sich dabei auf eine Analyse, die 2016 im „Handelsblatt“ veröffentlicht wurde: Verschiedene Anlageklassen wurden auf ihre Renditeentwicklung über die Jahre von 1870 bis 2015 hin untersucht: Über den gesamten Zeitraum hinweg haben die Immobilien mit einer Jahresrendite von durchschnittlich 8,7 Prozent besser abgeschnitten als Aktien (7,8 Prozent), Anleihen (1,46 Prozent) und Bankeinlagen (0,3 Prozent).

Professor Dr. Moritz Schularick, Universität Bonn, der die Studie durchführte, schrieb: „Die beste Investition, die man in vielen Ländern in den vergangenen 140 Jahren unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten machen konnte, waren Wohnimmobilien.“

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