Relevante aktuelle Studien und die breite Diskussion in der Fachpresse beschäftigen sich mit der Notwendigkeit zur Diversifizierung von Portfolien verbindlichkeitsorientierter Investoren. Besonders die Ausweitung von Real Assets ist eine Herausforderung. Was bedeutet dies für Prozesse und Organisation von Asset Management von Pensionsvermögen? Der deutsche Markt für Pension Investments bleibt eines der wichtigsten Segmente innerhalb der professionellen Kapitalanlage.
Dieser Markt ist nicht wirklich transparent und steckt mitten in einem großen Veränderungsprozess. Hier sollen insbesondere die organisatorischen Herausforderungen der Umsetzung einer breiteren Diversifikation und dem verstärkten Einsatz von Real Assets beleuchtet werden.
Unter Real Assets verstehen wir hier die Assetklassen:
- Immobilie
- Infrastruktur
- Private Equity
- Private Debt
- Venture Capital
Rohstoffinvestments haben wir wegen ihrer fehlenden Relevanz hier ebenso außen vor gelassen wie auch synthetische/Kryptoassets und Kunst. Diese Definition ist dann also bewusst nicht mit dem breiteren Begriff der Alternative Assets identisch.
Insgesamt stellt sich zunächst die allgemeine Frage:
Welche Auswirkungen hat eine breitere Diversifizierung von Pensionsportfolien auf die Arbeitsabläufe in den relevanten Geschäftsbereichen von Pensionseinrichtungen?
Grundsätzlich bedeutet die Diversifizierung, dass sich der Träger mit einer Reihe neuer Assetklassen, Stile oder Performancequellen auseinander zu setzen hat. Allein der Prozess der Priorisierung und der Organisation der notwendigen „Neue Produkte Prozesse“ – NPP – stellt erhebliche Ansprüche an das Projektmanagement von Investoren. Der Leiter Kapitalanlagen eines großen Versorgungswerkes sagt dazu:
„Früher war unser Schwerpunkt das Portfolio Management – heute werden große Teile unserer Kapazitäten in das Risiko- und Projektmanagement investiert.“
Es steigen die Ansprüche an die Qualifikation des eingesetzten Personales und auch die Kapazitäten müssen erweitert werden. Während die – oft als Meinungsführer agierenden – größeren Versorgungseinrichtungen offensichtlich über ausreichend und gut qualifiziertes Personal verfügen oder diese akquirieren können, fällt dies kleineren Einrichtungen schwer.
Der Chef eines dynamisch wachsenden Versorgungswerkes verrät uns dazu:
„Der Markt ist wegen der Probleme in der Bankenlandschaft nicht unergiebig. Oft stecken die Probleme eher in den Vergütungsmodellen.“
Mittelständische und kleinere Pensionseinrichtungen insbesondere außerhalb der Ballungszentren haben hier jedoch größere Probleme und müssen immer öfter in mehreren Teilen der Wertschöpfung auf externe Unterstützung zurückgreifen. In der Regel werden dabei mehr externe Experten wie Consultants und Juristen herangezogen, dies betrifft intern dann wiederum das Projektmanagement. Insbesondere die Due Diligence von Alternativen Assets verteuert sich dadurch erheblich. Ebenso spielt die Zusammenarbeit mit den eingeschalteten Administratoren – AIFM, KVG und Verwahrstelle – eine neue, bedeutendere Rolle. Hier ist ein Trend zu spezialisierten Dienstleistern deutlich.
Wie wirkt sich der verstärkte Einsatz von Real Assets auf Entscheidungsprozesse aus?
Insgesamt werden bei einer breiteren Diversifikation vermehrt Real Assets angesteuert. Real Assets zeichnen sich regelmäßig durch lange Investitionsdauer und im nachhinein eingeschränkten Korrekturmöglichkeiten aus. Daher kommt der sorgfältigen Due Diligence, Priorisierung und Bewertung bei diesen Anlageklassen eine noch größere Bedeutung zu. Die Initiatoren und Dienstleister für die großen Anleger spüren es und leiden darunter: oft werden durchaus sinnvolle Investitionsmöglichkeiten nicht realisiert, da die notwendigen Markt- und Vergleichsdaten von den relevanten Investoren nicht mit angemessener Geschwindigkeit analysiert werden können. Zum Leidwesen der anbietenden Zunft verhalten sich hier die Anleger verantwortungsvoll und sagen oftmals vor einer detaillierten Prüfung ab, da im wesentlichen sequenziell Projekte nacheinander entscheidungsreif aufbereitet werden müssen.
Oft wird jedoch auch die Datenlage den notwendigen Prüfungsansprüchen noch nicht gerecht. Relevante Daten stehen für Anlageklassen wie Real Estate, Wald und Farmland sowie Infrastrukturen nicht in demselben Umfang und vergleichbar einfach erhältlich zur Verfügung, wie dies bei den meisten Financial Assets der Fall ist. Jeannette Leuch von der in diesem Feld spezialisierten Beratungsgesellschaft invalue AG sagte uns schon vor Jahren dazu:
„Es ist erforderlich, dass bei der Auswahl und Bewertung neuer Anlageklassen ausreichend Informationen und Grundlagen zugänglich gemacht werden, um eine Einschätzung des Timings und Berücksichtigung der Zeitvariabilität der Risikoprämie, das Erkennen der Rendite- und Risikotreiber der Anlageklasse, eine qualitative und quantitative Analyse von People, Process, Portfolio und Performance sowie der Governance des Set-Up, der Struktur (auch Einhaltung der regulatorischen Anforderungen) und der Organisation der Investition zu ermöglichen.“
Um die neue Anlageklasse und ihre Risikotreiber zu berücksichtigen ist auch eine Anpassung des Berichtswesens und des Controllings erforderlich (etwa IRR statt TWR). Hinzu kommen bei vielen Investoren neue Ansprüche im Bereich der Wirkungsmessung der angestrebten Investments im Rahmen der individuell gewählten Ansätze im Impact Investing… oder zumindest Nachhaltigkeitskennzahlen für den Nachhaltigkeitsreport.
Besondere Herausforderungen ergeben sich aus der Diversifizierung im Real Asset Bereich auch an das Management der Pensionsvermögen. Die bisherigen Netzwerke sind um eine Vielzahl neuer Kontakte-Spezialisten in diesen Assetklassen – auszuweiten und regelmäßig zu pflegen. Der gute Zugang ist für Initiatoren und Investoren gleichermaßen wichtig. Direkte Beziehungen ermöglichen oft den Verzicht auf „Auktionen“, die zwar kurzfristig vermeintlich höhere Erlöse für die Initiatoren/Verkäfer erzwingen, aber langfristig keine Basis stabiler gemeinsamer Geschäfte darstellen. Insgesamt dauert es natürlich deutlich länger, um im Bereich Real Assets zu Investitionsentscheidungen zu kommen. Dr. Hans Korfmacher vom Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer sagt uns einmal dazu:
„Wir müssen realistisch davon ausgehen, dass nach erfolgter Grundsatzentscheidung, ein Prüfprozess vier bis sechs Wochen dauert.“
Und dabei ist das genannte Versorgungswerk sowohl vom personellen Setup als auch von der vorhandenen Erfahrung bereits weit vorn.
Die Entscheidungsprozesse verlaufen grundsätzlich anders als im klassischen Wertpapiergeschäft
Die Herangehensweise ähnelt hierbei eher dem Investment Banking oder dem Kreditgeschäft als dem Asset Management. Insbesondere die Langfristigkeit und geringe Liquidität der meisten Real Asset Investments bestimmt dabei die veränderten Anforderungen im Entscheidungsprozess. Der Investor wird zum Banker und vielleicht sogar zum Unternehmer, was auch qualitativ andere Entscheidungen verlangt. In der Portfoliosteuerung orientiert sich die taktische Steuerung des Gesamtvermögens durch den Entscheider neu. Real Assets sind kein sinnvoller Bestandteil dynamischer Allokationssteuerung. So verbleibt der Fokus bei der taktischen Steuerung auf die größten „liquiden“ Risikotreiber ausgerichtet. Insgesamt wird in einem breiter diversifizierten Portfolio jedoch die Attraktivität einzelner Assetklassen mit immer größerer Geschwindigkeit zu bewerten sein.
Neue Notwendigkeiten im Risikomanagement
Ist das Risikomanagement von liquiden Portfoliobausteinen entweder Teil des Auftrages an Asset Manager von Investmentfonds, durch Overlay Management ausgegliedert oder sogar intern aufgestellt, so ergeben sich mit den verschiedenen alternativen Anlageformen neue Herausforderungen. Risikobewertung begleitet die Investments von der Due Diligence bis zur Beendigung des Investments und vollständigen Rückzahlung des eingesetzten Kapitales. Die Risikoarten sind vielfältig. Neben den
- finanziellen Risiken (die bereits viel komplexer und unternehmerischer sind als bei klassischen Kapitalanlagen, tauchen)
- technische Risiken
- Umweltrisiken
- Nachhaltigkeitsrisiken
- und auch Währungsrisiken
viel häufiger auf. Auch hier ergeben sich erhebliche Ansprüche an Kompetenz und Kapazität.
Reporting
Das Reporting all dieser kommerziellen und qualitativen neuen Aspekte benötigt neue Formen und muss umfangreich– je nach Adressaten der Reports – angepasst werden.
Bewertung
Insgesamt erfordert die breitere und auf den stärkeren Einsatz von Real Assets ausgerichtete Allokation von Pensionsvermögen eine starke Fokussierung. Außerdem gewinnt die effiziente Koordination zwischen internem und externem Know-how und die engere Zusammenarbeit mit den Administratoren erheblich an Bedeutung.
Breite Diversifikation und der intensive Einsatz von Performancequellen aus dem Bereich Real Assets ist die bedeutendste aktuelle Aufgabe in Pensionsvermögen.

Hans-Jürgen Dannheisig
Co-Herausgeber