Soziale Verantwortung übernehmen statt Regulierung abwarten

Die Immobilienbranche bekommt gerade eine zweite große Chance, zu beweisen, dass sie Verantwortung übernehmen will und dabei entschlossen und selbsttätig handeln kann. Es geht um den „Social Impact“, also das „S“ in ESG. Und es geht darum, dass unsere Branche, das Immobilien-Asset-Management, nicht immer erst auf den Druck von Regulierungs- oder Investorenseite warten sollte, bevor sie sich widerwillig den Anforderungen stellt. Wir können schon jetzt die Ärmel hochkrempeln und loslegen – und das sollten wir auch tun. Ein Beitrag von Isabella Chacón Troidl.

Abwarten und jammern, wenn es so weit ist: Das haben wir oft genug schon beim „E“ in ESG beobachtet. Keine Frage, die inzwischen vorhandenen regulatorischen Vorgaben sowie die steigenden Ansprüche vieler Investoren zu erfüllen, ist mit Aufwand verbunden. Und wie man ökologische Nachhaltigkeit bei Immobilieninvestments quantitativ messbar und für alle vergleichbar macht, ist keineswegs trivial. Trotzdem haben viele Branchenvertreter – davon gibt es lobenswerte Ausnahmen – erst begonnen, sich ernsthaft dieses Themas anzunehmen, als Gesetzgeber und letztlich auch Kunden, also Investoren und Mieter, keine Wahl mehr ließen.

Wieder lautet allzu oft „Abwarten“ die Devise

Beim „S“ stehen wir jetzt dort, wo wir vor ein paar Jahren mit dem „E“ standen. Die Europäische Kommission arbeitet gerade an der „Sozialen Taxonomie“ als Ergänzung zur bereits geltenden Taxonomieverordnung, die vorwiegend Umwelt- und Klimaaspekte berücksichtigt. Und wieder hört man Branchenstimmen, die erstmal die Taxonomie oder andere Regeln abwarten wollen, bevor sie tätig werden. Dahinter verbirgt sich eine Abhakmentalität, die sich an Vorschriften klammert und sich vor sozialer Verantwortung wegduckt.

Freilich muss auch der Social Impact transparent, messbar und vergleichbar gemacht werden – keine leichte Aufgabe. Hierzu tut sich etwas in der Branche, vor allem durch die Initiative „Social Impact Investing“ des Instituts für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG), die bereits in die zweite Runde gegangen ist. In der Initiative haben sich Marktteilnehmer zusammengefunden, um einen gemeinsamen Standard zu entwickeln und zu definieren. Das ist unverzichtbar, um Social Impact messbar zu machen. BNP Paribas REIM ist wie bereits in der ersten Phase auch in der zweiten Phase dieser wichtigen Initiative dabei.

Die Fuggerei – Social Impact vor mehr als 500 Jahren

Ein herausragendes Beispiel für das Übernehmen sozialer Verantwortung durch ein Immobilienprojekt feierte im vergangenen Jahr den 500. Jahrestag seiner Stiftung: die Fuggerei in Augsburg. Damals gab es weder eine soziale Taxonomie noch eine ICG-Initiative, auf die Jakob Fugger gewartet hätte. Ihn trieb die intrinsische und wohl auch religiöse Motivation, mit seinem unermesslichen Vermögen etwas für die Menschen in seiner Heimatstadt zu tun.

Zwar verfolgte Fugger mit dem sozialen Wohnprojekt keine finanziellen Ziele, sondern ausschließlich eine soziale oder religiöse „Rendite“. Doch das ist keine Ausrede für heutiges Nichtstun. Im Gegenteil: Wer sich nicht rechtzeitig um das „S“ in seinen Assets und Investmentstrategien kümmert, wird früher oder später die Folgen zu spüren bekommen. „Stranded Assets“ ist wohl zu viel gesagt, denn Immobilien lassen sich fast immer wieder irgendwie vermarkten, aber womöglich nur mit empfindlichen Wertverlusten oder um den Preis kostspieliger Anpassungen. So liegt es auch im eigenen Interesse unserer Branche, als Pioniere voranzuschreiten, soziale Verantwortung zu übernehmen und nachhaltige Renditen für unsere Investoren zu erwirtschaften – in sozialer wie in kaufmännischer Hinsicht.

Isabella Chacón Troidl ist Geschäftsführerin/CIO von BNP Paribas Real Estate Investment Management. BNP Paribas Real Estate ist eines der größten Immobiliennetzwerke in Europa. Der Geschäftsbereich BNP Paribas Real Estate Investment Management (BNP Paribas REIM) ist für die Vermögensverwaltung zuständig. BNP Paribas REIM verwaltet 2021 Vermögen in Höhe von 30 Milliarden Euro für Versicherungen, Pensionseinrichtungen sowie Banken und Sparkassen als auch Privatkunden im Publikumsfondsbereich.
www.reim.bnpparibas.de

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