„Schmiede Partnerschaften zur Erreichung der Ziele“

Bild der Autorin Alice Knorz

Die Fairantwortung gAG ist eine gemeinnützige Unternehmerinitiative aus Karlsruhe. Sie möchte den Wandel unserer Gesellschaft hin zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen Wirtschaftssystem zu unterstützen. EXXECNEWS INSTITUTIONAL sprach mit Alice Knorz, Vorstand von Fairantwortung. Dass Gespräch führte Hans-Jürgen Dannheisig.

ENI: Wie bist Du dazu gekommen, Dich so intensiv für eine nachhaltige Gesellschaft einzusetzen?

Knorz: Ich war schon immer sehr naturverbunden, was vermutlich meinen Eltern zu verdanken ist, die mit meinen Geschwistern und mir in unserer Kindheit viel in der überwiegend unberührten Natur Australiens unterwegs waren. Vor allem das Meer liebe ich besonders. Beim Segeln habe ich mit eigenen Augen die Auswirkungen unseres nicht-nachhaltigen Konsumverhaltens gesehen, der Müll und die Verschmutzung des Wassers haben mich tief getroffen. Zusätzlich ist mit der Geburt meiner Kinder das große Bedürfnis gewachsen, unseren wertvollen Planeten zu schützen und daran mitzuwirken, dass auf ihm auch künftige Generationen ein gutes Leben führen können.

Im Januar 2018 hatte ich die Möglichkeit, mich zunächst als ehrenamtliches Mitglied des Aufsichtsrats bei der gemeinnützigen Unternehmerinitiative Fairantwortung gAG zu engagieren. Ich habe gemerkt, dass für mich dieses Thema immer wichtiger wurde. Seit September 2019 setze ich daher nun in Vollzeit als Vorstand der Fairantwortung all meine Energie daran, Unternehmen zum Umdenken zu bewegen und mit ihnen gemeinsam den Transformationspfad hin zu nachhaltigem Handeln zu gestalten und beschreiten.

ENI: Heute geht es uns um das Unternehmen, das Du führst: die Fairantwortung gAG. Erzähl uns doch bitte etwas zu der Geschichte dieses Unternehmens.

Knorz: Unser Gründer Ralph Suikat, mittlerweile Impact Investor und Business Angel für Impact Unternehmen, hat im Jahr 2013 und damals noch selbst als Unternehmer tätig, die Fairantwortung gAG aus der Vision heraus gegründet, den Wandel unserer Gesellschaft hin zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen Wirtschaftssystem zu unterstützen.  Bis heute stehen wir dafür ein und orientieren uns dabei an den 17 Zielen der Nachhaltigen Entwicklung, den sog. Sustainable Development Goals der UN (kurz SDGs). Allen voran liegt uns SDG 17 sehr am Herzen: Schmiede Partnerschaften zur Erreichung der Ziele. Somit ist unsere Initiative in erster Linie ein Netzwerk und eine Gemeinschaft gleichgesinnter Privatpersonen, Unternehmen und Institutionen. Zum einen suchen wir im Austausch miteinander aktiv nach Lösungen für die drängendsten ökologischen und sozialen Herausforderungen, zum anderen geben wir einander Impulse für nachhaltigeres Wirtschaften und gesellschaftliche Verantwortung. Obwohl wir im ersten Jahr mit 25 Förderern aus der Region recht stark gestartet waren, hatte sich die Runde der engagierten Förderer bis Anfang 2019 auf gerade einmal neun reduziert.  Wir wussten, dass wir uns für ein Entweder-Oder entscheiden mussten: Entweder aufgeben und abwickeln oder aber durchstarten, d.h. einen Vollzeit-Vorstand einsetzen, eine Neupositionierung wagen (mache Fairantwortung so sexy, dass alle mitmachen möchten) und schließlich auch die Umsetzung eines Leuchtturm-Projekts, das zum konkreten Handeln aufruft.

Genau das haben wir ab Herbst 2019 konsequent umgesetzt. Zweieinhalb Jahre später zählen wir mittlerweile deutschlandweit fast 110 Fairantworter*innen – und es werden täglich mehr. Zudem haben wir viele Projekte umgesetzt: Etwa die Kampagnen Trinkfair (Leitungswasser trinken als einfachste Form des Klimaschutzes) und Durchblickmacher (Hilfe für KMU in der Pandemie), Fair2gether (Onlinevorträge mit positiven und erfolgreichen Beispielen von nachhaltigem Wirtschaften). Aktuell engagieren wir uns sehr für unser Projekt KlimaMachen (In 7 Schritten zur Klimaneutralität im Unternehmen).

Uns ist vor allem wichtig, immer mit Mut und Erfindergeist gemeinsam die großen Herausforderungen unserer Zeit anzunehmen. Wir sind überzeugt, dass wir durch das Finden von Synergien und gemeinsamen Handeln im Netzwerk Großes bewirken können. Wir haben ein Business-Ökosystem der Nachhaltigkeit geschaffen, das nicht nur für schon bereits nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen ein Hafen ist, sondern auch für solche Unternehmen und Organisationen, die sich auf diesen Weg erst begeben möchten. Wir erleben jeden Tag, wie wir voneinander lernen und profitieren können. Es gibt bei uns keinen erhobenen Zeigefinger, sondern einen gemeinsamen Wunsch nach Veränderung, Innovationen und vor allem ganz konkretem Handeln für morgen. Der erste Schritt ist der wichtigste, die anderen Folgen einer nach dem anderen, denn eine nachhaltige Transformation benötigt in erster Linie Zeit und Unterstützung.

ENI: Die Initiative hat einen starken Bezug zu mittelständischem Handeln. Wie wirkt sich das in der konkreten Arbeit aus?

Knorz: Uns ist bewusst, dass Unternehmerinnen und Unternehmer oft sehr mit ihrem Business beschäftigt sind und vielleicht auch nicht immer die Zeit haben, sich ausführlich dem Thema Nachhaltigkeit zu widmen. Wir bekommen oft die Frage, was muss ich denn konkret machen, um mich und mein Unternehmen nachhaltiger aufzustellen. Was sind die ersten Schritte. Hier kommen wir ins Spiel, wir kuratieren wichtige Informationen und Entwicklungen im Bereich nachhaltigen Wirtschaftens und können so gezielt Impulse für nachhaltigeres Handeln setzen. Ob es dabei etwa um Themen wie die EU-Taxonomie geht oder auch was sogenannte Science-Based-Targets sind.

So auch mit unseren Projekten, die zu konkretem Handeln auffordern. Zum Beispiel unser Projekt Trinkfair, bei dem es darum geht, Leitungswasser statt abgepacktes Wasser zu trinken. Es ist zum einen eine niedrigschwellige Verhaltensänderung – also es tut nicht wirklich weh, mal vier Wochen Leitungswasser zu trinken anstatt des gewohnten Sprudelwassers aus dem Supermarkt – und so kann der Mantel nachhaltigeren Handelns ausprobiert und gespürt werden. Meistens fühlt es sich ganz gut an. Das ist der erste kleine Schritt. Es kommt dann natürlich immer die Frage nach dem nächsten Schritt.  So kommt dann unser Projekt KlimaMachen ins Spiel, bei dem es um Klimaneutralität im Unternehmen geht. Natürlich ist das eine große Sache, kann aber durch einen niedrigschwelligen Zugang etwa durch unseren Leitfaden „In 7-Schritten zur Klimaneutralität“ den großen Berg etwas kleiner erscheinen lassen.

ENI: Ihr konzentriert Euch auf greifbare Projekte, die es jedem leicht machen, selbst einen Beitrag zu leisten. Welche Projekte sind Euch aktuell besonders wichtig?

Knorz: Es liegen uns eigentlich immer noch alle unsere schon genannten Projekte sehr am Herzen, aber das Projekt KlimaMachen gerade ganz besonders. Denn es betrifft die drängendsten Herausforderungen unserer Zeit, nämlich den Klimawandel und den Verlust der Biodiversität. Die Frage, wie ich mein Unternehmen bis 2035 dekarbonisieren kann und welche Geschäftsmodelle am besten geeignet sind, um uns dafür ideal und zukunftsfähig aufzustellen, sind drängender denn je.  Mit dem Projekt Klimamachen möchten wir aber nicht nur einen Leitfaden, sondern eine ganze Plattform ins Leben rufen, die es KMU in der DACH-Region ermöglicht, schnell an wichtige Informationen, Maßnahmen, Best-Practice-Beispiele und Anlaufstellen rund um Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsstrategien für ihr Unternehmen zu kommen und sie dann auch umzusetzen. Hier sind wir momentan noch auf der Suche nach Förderung und auch Projektpartnern.

ENI: Was ist die Vision für die nächsten Jahre?

Knorz: Kurzfristig möchten wir bis Ende dieses Jahres 200 Fairantworter*innen hinzugewonnen haben. Denn die Schwarmintelligenz wächst mit jedem neuen Unterstützer und ermöglicht es uns vor allem, miteinander Synergien zu finden und die Umsetzung guter Ideen zu beschleunigen.

Darüber hinaus möchten wir Anlaufstelle sein für alle, die sich als Unternehmer den großen Fragen der gesellschaftlichen Verantwortung stellen und sich fragen, wie diese pragmatisch im Alltag eines Unternehmens ganz konkret umgesetzt werden kann.  Letztlich ist Nachhaltigkeit eine innere Haltung – und genau das ist es, wofür wir ein Kompass sein möchten.

ENI: Welche Wünsche hast Du als Verantwortliche dieser Initiative an Investoren, die mit ihrem Geld – neben der Erzielung einer angemessenen Rendite – auch etwas Sinnvolles bewirken wollen?

Knorz: Ein Verständnis, dass unsere Wirtschaft ein großer Hebel für Veränderung ist. Veränderungen im Betrieb können auch das Verhalten im Privaten positiv beeinflussen. Dass die Wirtschaft dies nicht nur mit Druck und Zwang hinbekommt, sondern durch einen inneren Klärungsprozess möglichst im kooperativen Austausch mit anderen. Daher sind Netzwerke wie unseres so wichtig, denn wir geben hier Unterstützung und bieten einen motivierenden Handlungsraum. Unsere Arbeit kann nur durch philanthropische Unterstützung ermöglicht werden, hat aber auf den gesamten Prozess der Transformation einen elementaren, wenn auch nicht leicht zu messenden Einfluss. Am besten ist es daher, einfach bei uns mitzumachen und uns nicht nur mit einem jährlichen Beitrag zu unterstützen, . Gerade auch das Wissen, das Netzwerk und das Know-How unserer Fairantworter. Blue Ocean wagen; im richtigen Umfeld kommt dabei unheimlich viel zurück und so wachsen wir alle über uns hinaus: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile“.

ENI: Das hört sich stark nach einer Übersetzung des alten Gedankens von Gemeinwohl an. Welche politischen Rahmenbedingungen könnten besser sein, um solche Initiativen zu unterstützen?

Knorz: Tatsächlich haben wir darüber noch nicht viel nachgedacht, denn einer der Gründe für unser Handeln ist es ja auch, als Unternehmerinnen und Unternehmer nicht auf die Politik zu warten, sondern voranzugehen. Wir wollen nicht auf die Politik warten, die oft im komplexen demokratischen Findungsprozess viel länger benötigt, bis es dann irgendwann einmal zu Ergebnissen kommt, die meistens auch wieder nur einen Kompromiss darstellen. Dafür haben wir Verständnis, aber wir wollen halt einfach machen, und zwar jetzt.

ENI: Das hat mich inspiriert, Alice. Wie kann ich bei Euch mitmachen?

Knorz: Gleich ein persönliches Gespräch mit mir vereinbaren, das geht ganz leicht über den Calendly-Link unter https://fairantwortung.org/mitmachen/ oder eine E-Mail an alice.knorz@fairantwortung.org schreiben.  Unsere Jahresbeiträge starten bei 90 Euro/Jahr und gehen bis 1.200 Euro/Jahr, je nach Mitarbeiterzahl.

Alice Knortz in grauem Sakko über die Erreichung von Zielen
Alice Knortz

Alice Knortz ist Vorstand von Fairantwortung.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Hans Dannheisig

    Das war ein cooles Interview. Hat viel Spaß gemacht. Werde mich dort jetzt auch selbst engagieren.

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