Die Blockchain-Technologie hat in den vergangenen Jahren eine enorme Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Insbesondere im Finanzsektor hat sie an Bedeutung gewonnen und eine Vielzahl von innovativen Entwicklungen hervorgebracht. In diesem Beitrag teilt Bincy Kochalumoottil, Chief Growth Officer von Boerse Stuttgart Digital, ihre Expertise zu digitalen Assets und zukunftsfähigen Geschäftsmodellen, die eine Brücke zwischen digitalen und klassischen Kapitalmärkten schlagen. Mit Frau Kochalumoottil sprach die ENI-Co-Herausgeberin Hanna M. Hornberg.
Welches Potenzial bergen digitale Vermögenswerte für etablierte Finanzinstitute und welche spannenden Use Cases zeichnen sich bereits für neue Geschäftsmodelle ab?
Die Blockchain-Technologie ist zweifellos eine wegweisende Zukunftstechnologie für die Real- und Finanzindustrie. Insbesondere im Bereich der digitalen Vermögenswerte eröffnen sich für traditionelle Finanzinstitute zahlreiche Chancen, da auf Basis der Blockchain neue Geschäftsmodelle entstehen können. Dazu zählen Produkte und Dienstleistungen rund um digitale Vermögenswerte wie Kryptowährungen – etwa Handelsplätze, Wallets und ETPs. Interessant sind auch die Emission, der Handel und die Verwahrung von tokenisierten Vermögenswerten, beispielsweise für Immobilien, Rohstoffe oder Kunstwerke. Auch in der Realwirtschaft findet die Blockchain-Technologie Anwendung, etwa im Supply Chain Management zur Überwachung von Lieferketten oder bei der Zuordnung von physischen Gütern wie Autos durch eine eindeutige digitale Identifikation des Eigentümers auf der Blockchain.
Digitale Assets sind Teil eines umfassenden Ökosystems und dienen oftmals als Basis für zukünftige Geschäftsmodelle. Ein prominentes Beispiel hierfür ist Ethereum mit seiner Kryptowährung Ether (ETH). Das Ethereum-Netzwerk umfasst neben dem reinen Transfer von digitalen Vermögenswerten auch programmierbare Verträge (Smart Contracts) und dezentrale Anwendungen (dApps).
Derzeit werden in Europa mit der Einführung von MiCA (Markets in Crypto-Assets) die regulatorischen Grundlagen für eine breite Implementierung von digitalen Assets geschaffen, was wir als Gruppe Börse Stuttgart sehr begrüßen. Der Geltungsbereich von MiCA umfasst ein breites Spektrum an Anforderungen, die sich auf digitale Vermögenswerte, Kryptowährungen, Stablecoins und Handelsplätze erstrecken. Dieser regulatorische Rahmen bietet eine solide Grundlage, um das Potenzial digitaler Assets voll auszuschöpfen und neue, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Wie können traditionelle Finanz-institute erfolgreich den Übergang in die digitale Finanzwelt bewältigen?
Finanzinstitute, die mit ihren Kunden in die Welt der Kryptowährungen und digitalen Assets einsteigen wollen, stehen vor einer entscheidenden Frage: Mit welcher Angebotsstrategie sollen sie in den Markt eintreten und welche Kundensegmente wollen sie bedienen? Diese Fragen bilden die Grundlage für weitere Überlegungen zur Auswahl von Handelsplattformen, Verwahrlösungen und Zusatzdienstleistungen wie Staking. Dabei ist es wichtig, den Faktor Time-to-Market zu berücksichtigen und abzuwägen, ob es sinnvoller ist, auf die schlüsselfertige Lösung eines erfahrenen Partners zurückzugreifen oder umfangreiche Ressourcen in den eigenen Aufbau von Digital-Asset-Lösungen zu investieren. Der Aufbau eines kompetenten Digital-Asset-Teams erfordert Zeit und die richtigen internen Strukturen.
In welchen Bereichen ist Boerse Stuttgart Digital aktuell aktiv?
Die Gruppe Börse Stuttgart ist seit fünf Jahren im Digital- und Kryptogeschäft tätig und bündelt unter der Marke Boerse Stuttgart Digital integrierte Lösungen für institutionelle und B2B-Partner entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dazu zählt eine Brokerage-Lösung für den bilateralen Handel (OTC) mit Kryptowährungen, eine Exchange als regulierter Handelsplatz (MTF) und eine Custody-Lösung für die treuhänderische Verwahrung. Unser Leistungsangebot ist in Deutschland sowohl im klassischen Kapitalmarktgeschäft als auch im Digital- und Kryptogeschäft vollständig reguliert. Unser Ziel ist es, als europäischer Infrastrukturanbieter gemeinsam mit unseren institutionellen Partnern einen zuverlässigen und transparenten Zugang zu Krypto-Assets für Retail- und Corporate Clients zu schaffen.
Was spricht zum aktuellen Zeitpunkt für Investitionen in Blockchain-Technologie und digitale Vermögenswerte?
Die Nachfrage von Privatanlegern nach digitalen Vermögenswerten steigt stetig. Auch Unternehmen erkennen ein großes Potenzial für sich, was zu insgesamt steigenden Investitionen in den Blockchain-Sektor führt. Eine kürzlich von City A.M. veröffentlichte Studie prognostiziert, dass institutionelle Investoren in diesem Jahr die Privatanleger als größte Besitzer digitaler Vermögenswerte überholen werden. Die Mehrheit der professionellen Investoren geht davon aus, dass Institutionen mittelfristig rund 60 Prozent der digitalen Vermögenswerte halten werden. Dies würde eine völlige Umkehr der aktuellen Situation bedeuten, in der Institutionen nur etwa drei Prozent der digitalen Vermögenswerte besitzen, während Privatanleger 97 Prozent halten. Deutschland nimmt eine Vorreiterrolle im Markt ein und verzeichnet mit über 22.000 Arbeitsplätzen im Bereich Digital Assets, Krypto und Blockchain die höchste Anzahl an Web3-Jobs weltweit. Die Widerstandsfähigkeit des Marktes hat sich im Wachstumspfad gezeigt, trotz einiger dämpfender Schlagzeilen in den letzten Monaten. Die Anwendungsfelder der Blockchain-Technologie in der Finanz- und Realwirtschaft werden immer konkreter. Internationale Top-Unternehmen wie BMW, IBM und Siemens setzen bereits auf Blockchain-basierte IT-Lösungen. Die Marktreife der Blockchain-Technologie ist in der Breite der Weltwirtschaft auf dem Vormarsch und es besteht Handlungsbedarf. Als Gruppe Börse Stuttgart haben wir frühzeitig in das Wachstumsfeld des Kryptohandels und der Verwahrung investiert und können unseren europäischen Kunden heute leistungsfähige Produktlösungen anbieten.
