Messung von Impact Investments Teil 2: Entwicklung eines Impact Investment Scores

Die Autoren zum Beitrag Impact Investments Teil 1

In dieser Beitragsreihe soll eine Diskussionsgrundlage für den Einsatz von Impact Investments entworfen werden. Der Begriff Gemeinwohl wird hierbei in das Zentrum verantwortlichen Investierens gerückt. In diesem zweiten Beitrag entwerfen Dr. Ulrich Schürenkrämer und Michael S. Duesberg, Mitglieder des Advisory Boards von SIMA, eine neue Kennzahl zur kompakten Bewertung von Impact Investments.

Selbstverständlich erwartet man allgemein von jedem Investment eine gewisse Wirkung, aber Impact Investments zeichnen sich neben dem social impact auch dadurch aus, dass sie in der Regel einem trade-off von finanziellen Renditen und sozialem Benefit beziehungsweise sozio-ökonomischen Zielvorstellungen unterliegen und dass ihre positive Wirkung völlig unzureichend mit den herkömmlichen finanziellen Kennzahlen erfasst werden kann. Die finanziellen Kennzahlen greifen zu kurz und vermitteln eher den Eindruck, dass Investoren auf einen Teil der Rendite verzichten, weil die zweite Komponente des Investments, das heißt die soziale Rendite, nicht abgebildet wird.

Man kann aber nur managen, was gemessen wird, und insofern bedarf es zur richtigen Allokation von Impact Investments einer neuen Kennzahl, beispielsweise eines neuen Gemeinwohl-Scores, der die finanzielle Rendite mit den sozio-ökonomischen Zielvorstellungen ergänzt beziehungsweise kombiniert. Statt Verzicht im vermeintlichen Renditeziel ergibt dann die neue sozio-ökonomische Kennzahl – nennen wir sie Impact Investment Score (IIS) – einen Zugewinn als Ausdruck der Vorteilhaftigkeit von Impact Investments.

Die Wissenschaft ist bereits seit Jahren mit Sustainability und Impact Investing beschäftigt und forscht in diverse Richtungen, wie beispielsweise zur Einbettung von ESG-Faktoren (environmental, social and governance) in Strategie und Rechnungswesen von Unternehmen oder der Performanceeinschätzung von sogenannten B Corporations, die beides, finanzielle Rendite und sozialen Benefit, verfolgen. Insbesondere sind hier die Harvard Business School1 und die Stanford University2  in den USA zu nennen. In Deutschland sind in diesem Feld unter anderem die Universitäten Augsburg, Hamburg und Mannheim sehr aktiv. Allerdings ist bisher kein singulärer Index bekannt, der die Gemeinwohlentwicklung in der Breite abdeckt.

Es ist schon erstaunlich, wie sich einerseits in zahlreichen, weniger entscheidenden Bereichen des Lebens ausgefeilte Bewertungssysteme etabliert haben – so können sich Weinliebhaber an Robert Parkers 100-Punkte-Skala orientieren, indem Weine nach ihren COS-Faktoren (Color, Odor, Sapor) bewertet werden. Andererseits ist aber die Bewertung eines Investments in das so wichtige Gemeinwohl noch nicht durch eine passende, anschauliche Messgröße erfolgt.

Bestehende Bewertungssysteme

Annäherungsweise versuchen das „Bruttosozialglück“ (BSG), das in Bhutan 1973 entwickelt wurde, oder der „Human Development Index“ (HDI), der auf den indischen Ökonomen und Philosophen Amartya Sen zurückgeht und von den Vereinten Nationen beziehungsweise dem pakistanischen Ökonom Mahbub ul Haq im Human Development Report Office des United Nations Development Programme 1990 entwickelt wurde, eine ganzheitliche sozio-ökonomische Messung. Letztlich sind sie aber aufgrund mangelnder Vergleichbarkeit auf internationaler Ebene im Fall von BSG oder dem Fehlen von Aspekten wie den ökologischen Faktoren wie Umweltschutz und klimatischen Veränderungen oder dem Grad von Ungleichheit in der Einkommensverteilung sowie Genderthemen beim HDI nicht geeignet oder nicht zeitgemäß.

Zudem geben diese Indices keinen Aufschluss über die Vorteilhaftigkeit von Impact Investments und lassen auch keine Spezifizierung hinsichtlich der sozialen Rendite zu. Insofern bedarf es weiterer Überlegungen, den Nutzen oder Wert von Investments in das Gemeinwohl zu bestimmen. Dazu ist es hilfreich, sich an den Zielsetzungen der Investitionen zu orientieren. Mit den 2015 von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten 17 Sustainable Development Goals (SDG) ergibt sich ein solcher Ansatz.

Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen

Die 17 Sustainable Development Goals, auch als Global Goals bezeichnet, sind ein allgemeiner Aufruf, bis 2030 die Armut zu beenden, unseren Planeten zu schützen und allen Menschen Frieden und Wohlstand zu verschaffen.

Diese Nachhaltigkeitsziele verstehen sich als integrierte, interaktive Ziele, indem Aktionen auf ein Ziel gerichtet auch andere Ziele berühren und dort Wirkung erzielen. Sie richten sich an alle: die Regierungen weltweit, aber auch die Zivilgesellschaft, die Privatwirtschaft und die Wissenschaft.

Die SDG sind wiederum in Unterziele und 231 Indikatoren unterteilt, allerdings nicht zu einer Kennzahl verdichtet, aus der sich eine Vorteilhaftigkeit von Impact Investments ableiten lässt. Am Beispiel eines gemeinwohlfokussierten Social Investment Funds, der maßgeblich in den Bereichen saubere Energien und Bildung sowie in der Refinanzierung von Microfinance-Institutionen in Afrika und Asien tätig ist, lässt sich veranschaulichen, wie die einzelnen Nachhaltigkeitsziele operationalisiert und in diesem Sinne verfolgt werden können.

Damit wird neben der finanziellen Rendite, die unter den marktüblichen, risikoadäquaten Ansätzen alternativer Investments im Non-Impact-Investment-Bereich liegt, auch die zweite Komponente des Return on Investment, das heißt die soziale Rendite dokumentiert.

Eine Kennzahl auf Basis der SDG

Die Fokussierung auf nur einige Nachhaltigkeitsziele bei einer unter Risikoaspekten üblichen breiten Streuung der Investments ist nicht nur für die Verfolgung des sozialen und ökologischen Impact hilfreich, sondern dient auch der Spezifizierung des Social Investment Funds. Um die Vergleichbarkeit mit anderen Social Investment Funds und die Vorteilhaftigkeit derartiger Investments deutlich zu machen, lässt sich die soziale Rendite in einer Kennzahl ausdrücken und die allgemeine Komplexität nach dem kiss-Grundsatz („keep it simple, stupid“) auf ein Minimum reduzieren.

Dazu werden die 17 Nachhaltigkeitsziele jeweils nach dem Grad der beabsichtigten beziehungsweise erwarteten Wirkung auf einer Fünf-Punkte-Skala festgehalten und dann die einzeln verfolgten Nachhaltigkeitsziele gewichtet, wobei die Summe der Gewichtungen 1 ergeben muss. Schließlich werden die gewichteten einzelnen Werte in einen Gesamtscore integriert. Dieser Gesamtscore liegt ebenfalls in einem Intervall zwischen 0 und 5.

IIS (Impact Investment Score) =

Grafik: Unternehmen, eigene 2021

In dem oben erwähnten Beispiel eines Social Investments Funds werden die verfolgten sieben Nachhaltigkeitsziele  (siehe Grafik) aufgrund ihrer konkreten, messbaren Wirkung – einmal angenommen – mit jeweils 3 bis 5 Punkten gewertet und mit jeweils 0,10 bis 0,20 gewichtet, zum Beispiel wie folgt:

  • SDG 1: Wert 5, Gewicht 0,15
  • SDG 4: Wert 5, Gewicht 0,15
  • SDG 5: Wert 5 Gewicht 0,20
  • SDG 7: Wert 5, Gewicht 0,20
  • SDG 8: Wert 3, Gewicht 0,10
  • SDG 11: Wert 4, Gewicht 0,10
  • SDG 13: Wert 4, Gewicht 0,10

Daraus ermittelt sich ein Impact-Investment-Score von 4,60.

Zusätzlich ließe sich mit dem UN SDG Wheel wie auf einer Dart-Scheibe das Profil – gegebenenfalls differenziert nach Soll und Ist – der ermittelten Werte anschaulich darstellen. Natürlich kann auch am IIS Kritik geübt werden. Während BSG und HDI kritisch hinsichtlich der Gewichtung der Indikatoren betrachtet werden und die SDG-Indikatoren teilweise irrelevant oder antiquiert sind, scheint der IIS zu simpel und naiv, um die komplexe Gemengelage einer breiten Gemeinwohlentwicklung gerecht zu werden. Dabei liegt die Schönheit einer Formel jedoch nicht in der Komplexität der Bestandteile oder an der komplizierten mathematischen Berechnung, sondern am anschaulichen Ergebnis. Auch könnte die subjektive Einstufung der beabsichtigten beziehungsweise erwarteten Wirkung kritisch gesehen werden. Doch dies könnte durch Standards und Vorgaben, wie wir sie aus den sieben Risikoklassen für Wertpapiere kennen, näher bestimmt und definiert werden.

Ebenso kann der Subjektivität der Einstufungen durch Einschaltung von neutralen Stellen, wie beispielsweise Ratingagenturen oder unabhängigen Forschungseinrichtungen, begegnet werden und mit einer Zertifizierung von Fonds einhergehen. Zusätzlich wird ja die Transparenz der Investments noch durch ausführliche Indikatoren- oder Nachhaltigkeitsberichte unterstützt. Insofern ist der Versuch gemacht, dem Bedarf an einer kompakten Bewertung von Impact Investments mit der Entwicklung einer einfachen, neuen Kennzahl zu entsprechen, die zusätzlich zur finanziellen Rendite den sozialen Benefit derartiger Investments widerspiegelt. Schließlich sind die Investments in unser weltweites Gemeinwohl außerordentlich wichtig. Dazu müssen sie aus dem Schatten einer altruistischen Mittelzuwendung in das Licht einer professionellen Investmentstrategie rücken. Impact Investments verdienen es, aus der Nische des Kapitalmarktes herauszutreten und sich im gesamten Marktgeschehen zu etablieren.

Dr. Ulrich Schürenkrämer/ Michael S. Duesberg

Dr. Ulrich Schürenkrämer/ Michael S. Duesberg

Dr. Ulrich Schürenkrämer ist Managing Director der Münchener Impact-Investment- Gesellschaft Machlaan GmbH und Mitglied des Advisory Boards von SIMA Social Investment Managers & Advisors LLC (New York).

Michael S. Duesberg ist Partner der Münchener Sozietät für temporäres Management taskforce Management on Demand GmbH und Mitglied des Advisory Boards von SIMA Social Investment Managers & Advisors LLC (New York).

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