Im Rahmen einer neuen „Retail Investment Strategy“ zieht Mairead McGuinness, die für den europäischen Kapitalmarkt zuständige EU-Kommissarin, ein generelles Provisionsverbot bei der Vermittlung von Kapitalanlagen und Versicherung in Betracht. EXXECNEWS berichtete. Ein Vorstoß, der bei deutschen Finanzberatern auf vehemente Ablehnung trifft. EXXECNEWS fragte Verbände und Berater nach ihrer Meinung.
Das sagt Frank Rottenbacher, Mitglied des Vorstandes des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung:
„Wir sind klar dagegen. Der Verbraucher möge entscheiden, welche Vergütungsform er wählen möchte. Die Nachteile eines Provisionsverbotes kann man im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden beobachten. Dort werden Beratungsleistungen nur noch größeren Vermögen angeboten. Ansonsten müssen Verbraucher über Online-Portale oder Robo-Advice-Angebote gehen. Selbst die Bundesregierung sieht das kritisch. Angriffe auf die provisionsfinanzierte Beratung gab es in den letzten Jahren häufig und wird es auch in Zukunft sicher immer wieder geben. Es macht daher Sinn, dass sich Vermittler/Berater mit alternativen Vergütungsmodellen beschäftigen, um im Falle eines Verbots reagieren zu können. Ob Honorarberatung im Einzelfall sinnvoll ist, das möge jeder Berater für sich und sein Geschäftsmodell entscheiden.“
Das sagt Martin Klein, geschäftsführender Vorstand von Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa:
„Wir gehen davon aus, dass es nicht dazu kommt. Die Einführung eines solchen Verbots kann nicht durch die EU-Kommission allein entschieden werden, sondern bedarf im Trilog-Verfahren auch der Zustimmung von Parlament und Rat. Hier gibt es derzeit keine Mehrheit für ein solches Projekt. Wir haben uns immer für die freie Wahl zwischen den Vergütungssystemen und gegen eine Marktregulierung über Verbote eingesetzt. Dies bleibt unsere Position.
Wir zählen daher zu unseren Mitgliedern auch Unternehmen, die die Berater bei der Vermittlung von Nettotarifen auf Basis von Honorarvereinbarungen unterstützen. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Beratung durch unsere Mitgliedsunternehmen einen Wert hat, sei es gegen Provision oder Honorar. Für das Gros der Anleger ist ein beratungsfreies Geschäft nicht geeignet und führt zu deutlich höheren Risiken für Vermögenseinbußen als eine provisionsbasierte Vergütung. Vergütungsmodelle müssen immer für beide Vertragspartner attraktiv und fair sein.
Im Bereich der Kapitalanlageberatung etablieren sich neben der Provision Vergütungsmodelle mit einer laufenden Servicegebühr als Prozentsatz auf das betreute Anlagevermögen. Gerade für Berater, die sich bereits einen Kundenstamm aufgebaut haben, kann dies eine Alternative sein, die eine angemessene Vergütung sichert. Jedoch sehen wir auch hier, dass ein solches Angebot erst bei Depotgrößen oberhalb von 50.000,- Euro zum Einsatz kommt“.
Das sagt der deutsche Fondsverband BVI:
„Wir sind gegen ein Verbot von Provisionen und für den Erhalt der Wahlfreiheit zwischen Provisions- und Honorarberatung. Vor allem für Kleinanleger hat die Provisionsberatung klare Vorteile: Wer viel anlegt, zahlt viel, und wer wenig anlegt, zahlt wenig. Zudem bleibt die Beratung kostenfrei, wenn Sparer nichts kaufen. Schon heute können Verbraucher zwischen der Provisions- und der Honorarberatung frei wählen. Aber laut einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Kantar können sich drei von vier Deutschen nicht vorstellen, für eine Beratung ein gesondertes Honorar zu bezahlen. Ein Provisionsverbot würde also zu einer Beratungslücke führen.“
Das sagt Norbert Porazik, geschäftsführender Gesellschafter der Fonds Finanz:
„Wir sind gegen ein generelles Provisionsverbot und unterstützen die Fortführung der provisionsbasierten Vermittlung, die neben einer möglichen Honorarberatung bestehen bleiben soll. Dieses Zwei-Welten-Modell hat sich bisher gut bewährt und so haben sowohl die Makler als auch Kunden die größtmögliche Flexibilität. Hinzu kommt noch ein entscheidender Punkt, der für die Zukunft unserer Gesellschaft sehr wichtig ist: Der Zugang zu Vorsorgeprodukten aus dem Investment- oder Versicherungsbereich würde mit der Beibehaltung des bisherigen Systems weiterhin für alle Kunden gewährleitstet und ein Abschluss im Rahmen ihrer eigenen finanziellen Möglichkeiten bezahlbar sein. Nicht pauschal beantworten lässt sich, für wen die Honorarberatung besser oder schlechter geeignet ist. Qualitativ gute Beratung ist von der Kompetenz der Berater abhängig und nicht davon nach welchem Modell sie vergütet werden.“
Das sagt Bernhard Stern, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Stern Capital GmbH:
„In Deutschland ist sowohl Honorarberatung als auch die Provisionsberatung möglich. Insoweit bietet der Beratermarkt in Deutschland alle Voraussetzungen, die für eine faire Beratung notwendig sind. Schon deshalb ist die aufgekommene Diskussion wenig verständlich.
Dass die provisionsbasierte Beratung den deutlich größeren Raum einnimmt, resultiert einerseits aus der traditionellen Entwicklung, andererseits jedoch auch aus dem Umstand, dass Versicherungs- und Finanzberatung nicht nachgefragt wird. Versicherungs- und Finanzberatung muss in Deutschland aktiv angeboten werden. Es ist vollkommen natürlich, dass bei überwiegend fehlender Nachfrage die Einsicht für ein Honorar beim Beratenen fehlt, ja zwangsläufig fehlen muss. Hinzu kommt, dass Verbote, wo auch immer ausgesprochen, noch nie ein vernünftiges Ergebnis hervorgebracht haben. Es ist gerade der Wettbewerb unterschiedlicher Beratungs- und Vergütungsmöglichkeiten, welcher in der Lage ist, Wahlfreiheiten zu schaffen und gute Ergebnisse hervorzubringen. Für die Anlegergruppe mit überdurchschnittlichen Anlagebeträgen oder entsprechend hohem Absicherungsbedarf kann die Honorarberatung sinnvoll sein. Hier stellen Beratung und jegliche Vor- und Nachbereitung einen Aufwand des Beraters dar, der honoriert werden muss. Unter diesen Voraussetzungen kann Honorarberatung sehr sinnvoll sein. Allerdings sollte auch in diesem Fall die Wahl bei demjenigen liegen, der beraten wurde und nicht bei der Politik.