Der Anblick der Schweizer Alpen enttäuscht nie – ihre majestätische Schönheit und ihre großartigen Skylines lassen uns die Wunder der Natur bestaunen. Der Wunsch, diese Einzigartigkeit zu schützen, ist ein instinktives, starkes Gefühl. Globale Thought Leader, die sich Mitte Januar beim Weltwirtschaftsforum in Davos trafen, plädierten daher leidenschaftlich für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt, internationale Zusammenarbeit und dringende Maßnahmen zur Eindämmung der Auswirkungen des vom Menschen verursachten Klimawandels.
Aber die simple Wahrheit ist, dass die globale Erwärmung nicht durch einzelne Maßnahmen in Westeuropa gelöst werden kann, wo die Kohlenstoffintensität des Wirtschaftswachstums weiter sinkt und wo die gesamten CO2-Emissionen bereits niedriger sind als in keinem Nicht-Covid-Jahr seit 1964. Die Lösung ist auch nicht in den Vereinigten Staaten zu finden, wo die Gesamtemissionen seit mehr als zwanzig Jahren sinken. Zurück in unserem Alpenparadies sehen wir, dass die gesamten CO2-Emissionen der Schweiz im gesamten Jahr 2021 (die aktuellen verfügbaren Zahlen) nur 35 Millionen Tonnen betrugen. Verglichen mit China, dessen Emissionen im vergangenen Jahr 31,5 Millionen Tonnen pro Tag betrugen, oder mit Indiens 52,1 Millionen Tonnen pro Woche, ist die Schweiz für weniger als ein Tausendstel der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Bekanntermaßen ist die Schweiz ein kleines Land. Aber sein größerer Nachbar Deutschland verursacht nur 1,8 Prozent der globalen Emissionen und Großbritannien nur 1,6 Prozent. China braucht nur drei Wochen, um die gleiche Menge CO2 auszustoßen wie Deutschland in einem ganzen Jahr.
Trotz seines geringen Beitrags zu den Ursachen bleibt die Tatsache, dass die Schweizer Gletscher schrumpfen. Die Delegierten in Davos sahen weit weniger Schnee als in den Vorjahren, und viele der tiefergelegenen Skigebiete in Europa haben derzeit Schwierigkeiten, offen zu bleiben. Die Symptome der Erderwärmung sind dort deutlich sichtbar, aber die eigentliche Ursache liegt tausende Kilometer entfernt. Die acht größten Volkswirtschaften Asiens produzieren zusammen 18,9 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr. Und obwohl China mehr als 70 Prozent davon ausmacht, haben die verbleibenden sieben höhere Gesamtemissionen als die 27 EU-Staaten. Diese asiatischen Länder vervielfachen – angetrieben durch ein schnelles Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum – sowohl ihre CO2-Emissionen als auch die Kohlenstoffintensität ihrer Produktion. Eine gerechte und nachhaltige Energiewende ist für sie eine dringende Priorität, die der Region ihre industrielle Revolution ohne die Umweltschäden und -verschmutzung bescheren könnte, die in Europa und Nordamerika entstanden sind, als die Länder dort zu ihrem Wohlstand kamen.
Die Vorteile von Investitionen in Asiens Energieinfrastruktur – einer Ökologisierung der Stromerzeugung, Stabilisierung der Übertragungsnetze und Effizienzsteigerung – werden nicht nur in dieser Region, sondern auf der ganzen Welt zu spüren sein. Die globale Erwärmung ist per Definition ein globales Problem, und die Bekämpfung seiner Hauptursachen wird allen zugutekommen – nicht nur der schnell wachsenden Bevölkerung in den Ländern des Südens und Südostens Asiens, sondern auch Küstenatollen, kleinen Inselstaaten und sogar Schweizer Alpenorten.
Der Schlüssel zu dieser Energiewende liegt darin, zu verstehen, warum Asien auch für den Rest der Welt so wichtig ist. Aus amerikanischer und europäischer Sicht ist es nicht nur heuchlerisch, große Teile der verarbeitenden Industrie auf diesen Kontinent zu verlagern, sich aber dann über Emissionen zu beklagen. Es ist letztendlich selbstzerstörerisch, wenn keine Abhilfemaßnahmen ergriffen werden. Es gibt nur einen Planeten und seine Wettersysteme sind sowohl komplex als auch miteinander verbunden. Asien geht uns alle an.
Die rasche und umfangreiche Mobilisierung von Kapital zur Unterstützung und Beschleunigung der Energiewende in der Region ist von größter Dringlichkeit. Wir alle können unsere sehr bescheidene Rolle in Westeuropa spielen, aber unseren Müll zu recyceln und teure Elektroautos zu fahren, wird sicher nicht den Klimawandel weltweit verändern. Zudem haben Fondsmanager in Europa ESG-Assets im Gesamtwert von mehr als 140 Milliarden US-Dollar herabgestuft, von denen sie befürchten, dass sie unter die regulatorischen Sanktionen im Rahmen des SFDR-Berichtssystems der EU fallen könnten. Die Herabstufung ihrer Klassifizierung von Artikel 9 auf 8 oder von 8 auf 6 ist ein stillschweigendes Eingeständnis, dass finanzielle Vermögenswerte die manchmal übertriebenen Ansprüche nicht erfüllen können. Stattdessen sollten wir in reale Vermögenswerte investieren, um eine gerechte und faire Energiewende zu finanzieren.
Die Energiepolitik in der gesamten asiatischen Region ist darauf ausgerichtet, ausländisches Kapital anzuziehen, um die Entwicklung nachhaltiger Infrastrukturanlagen zu finanzieren. Die Zusammenarbeit des öffentlichen und des privaten Sektors, langfristige Verträge, Rechtsstaatlichkeit, schnelles Wirtschaftswachstum und schierer Nachfragedruck machen dieses Jahrzehnt zum asiatischen Investitionsjahrzehnt. Für internationale Investoren war die Finanzierung der Energiezukunft Asiens noch nie attraktiver.

Head of Research, ThomasLloyd Group
ThomasLloyd, 2003 gegründet, ist ein Impact Investor, Berater und Anbieter von Anlagelösungen mit Hauptsitz in Zürich und Standorten in Europa, Nordamerika und Asien. Der Fokus liegt auf der Finanzierung, dem Bau und dem Betrieb von nachhaltigen Energieinfrastrukturprojekten. ThomasLloyd verwaltet aktuell etwa eine Milliarde Euro in Energieinfrastruktur in Asien.
www.thomas-lloyd.com