Herausforderungen für Family Offices bei der Umsetzung von Impact Investing

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Mit den anhaltenden Veränderungen im privaten Vermögensverwaltungssektor richten Unternehmerfamilien zunehmend Family Offices ein, um ihr Anlageportfolio unter eigener Kontrolle zu verwalten. Dies führt zu einer immer größeren Vielfalt von Anlagestrategien, da immer mehr Anleger von den Standardangeboten der tradierten Vermögensverwaltungen abweichen.

Dabei bieten die Lösungen zur ESG-Integration der Finanzbranche bisher keine ausreichende Umsetzung besonders nachhaltiger Investment-Strategien mit einem weitergehenden Fokus auf echtem Impact Investing. Viele Privatanleger, vor allem die vielzitierten NextGens, aber auch Family Offices und institutionelle Anleger sind zunehmend enttäuscht von diesen ESG-Lösungen und suchen nach mehr. Impact Investing wird daher zu einem Trend, der hauptsächlich von Family Offices und einer ständig wachsenden Anzahl spezialisierter institutioneller Anleger und Vermögensverwalter angeführt wird. Da jetzt der richtige Zeitpunkt und möglicherweise die letzte Gelegenheit ist, Investitionen zu tätigen, die zur Rettung des Planeten beitragen können, ist Impact Investing in Europa und im deutschsprachigen Raum ein wachsender Trend. Um solche neuen Anlageprozesse professionell zu verfolgen, benötigen Anleger aller Art mehr relevantes Know-how, um Impact-Investing-Strategien zu implementieren und ihr Vermögen ganzheitlich über Generationen hinweg nachhaltig zu verwalten. Laut dem Global Impact Investing Network (GIIN) und auch im Einklang mit der deutschen Bundesinitiative Impact Investing (biii) ist die Definition wie folgt:

Impact Investments sind Investitionen, die eine finanzielle marktübliche Vergleichsrendite erwirtschaften und gleichzeitig auch positive, messbare soziale und/oder ökologische Auswirkungen erzielen. Impact-Investitionen können sowohl in Schwellen- als auch in Industrieländern getätigt werden und zielen je nach den strategischen Zielen der Investoren auf eine Bandbreite von finanzieller Rendite ab, die in einer Spanne unter (Impact First) oder über einer vergleichbaren Marktrendite (Finance First) liegen kann. Der wachsende Impact-Investment-Markt stellt Kapital bereit, um die dringendsten Herausforderungen der Welt in Sektoren wie zum Beispiel nachhaltige Landwirtschaft, Erneuerbare Energien, Naturschutz, Mikrofinanzierung sowie erschwingliche und zugängliche Grundversorgung wie Wohnen, Gesundheitswesen und Bildung zu bewältigen.

Die biii versteht Impact Investing oder wirkungsorientiertes Investieren als einen Investmentansatz, der über die reine Orientierung an Rendite und Risiko hinausgeht. Positive soziale und/oder ökologische Wirkungen sollen möglichst direkt, intendiert und nachweisbar sein. Es geht um eine messbare positive gesellschaftliche und/oder ökologische Wirkung. Impact Investing geht damit nach dieser Definition über die bisherigen ESG- (Environmental, Social, Governance) oder SRI- (Social Responsible Investing) Ansätze hinaus.

Der deutsche Markt für Impact Investing befindet sich in der Pionierphase. Es gibt bereits einige spezialisierte Investmentfonds, Berater, Intermediäre und Netzwerke, doch hat das Thema noch nicht den Mainstream erreicht. Gleichzeitig jedoch wächst das Interesse von Seiten der Investoren, der Sozialwirtschaft und der Wissenschaft an Impact Investing in Deutschland seit Jahren massiv. Auch in der Politik erfährt das Thema verstärkt Aufmerksamkeit, vor allem, seitdem manche politische Parteien eine bessere Unterstützung von Social Entrepreneurship und sozialen Innovationen in ihren Wahlprogrammen in diesem Jahr angekündigt haben. Das Impact-Investing-Segment birgt somit ein großes Potenzial und es gilt, das Thema in Deutschland noch stärker in den Fokus zu rücken. Doch existiert aktuell eine Reihe von Herausforderungen für den Marktaufbau: Zu wenig geeignete Anlageprodukte in unterschiedlichen Asset- und Risikoklassen, mangelnde Unterstützung durch die Politik zum Beispiel durch die Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen, sowie fehlende Anreizmechanismen für mehr impactorientierte Unternehmensgründungen und -finanzierungen, die im größeren Rahmen das Potenzial von Impact Investing demonstrieren könnten.

Quelle: Center of Sustainable Finance and Private Wealth (CSP) der Universität Zürich

Impact Investing wird oft als die höchste Ausbaustufe in einem Prozess von negativem Screening, positivem Screening und ESG-Integration beschrieben. Einige Marktteilnehmer definieren eine darüber hinausgehende letzte Stufe oftmals als Aktionärsaktivismus, bei dem durch die Stimmrechtsausübung weiterer Druck auf die Unternehmen ausgeübt wird, Impact Kriterien auch im Unternehmen selbst umzusetzen. Dies wird jedoch häufig auch unter Impact Investing zusammengefasst, vor allem, wenn es sich um börsennotierte Aktien handelt. Im Unterschied zur ESG-Integration bei Anlagestrategien, lässt sich Impact Investing noch zusätzlich durch folgende Aspekte abgrenzen – genau in diesen Bereichen liegen aber auch die aktuellen Herausforderungen:

Ganzheitlichkeit:

Impact Investing ist für sich genommen keine separate „Assetklasse“, sondern eine Investment-Strategie, die mittel- bis langfristig die gesamte Portfoliostrategie/den gesamten Asset- Allokationsprozess über alle Assetklassen hinweg prägen sollte.

Zusätzlicher Wirkungsanspruch:

Der Wirkungsanspruch eines Impact Investments geht deutlich über das hinaus, was von rein renditemaximierten Akteuren in Bezug auf Wertorientierung erwartet werden kann.

Hohe ethische Grundlage:

Impact Investing orientiert sich an normativ wohlbegründeten ethischen Prinzipien, beispielsweise der Abwägung aller kurz- und langfristigen Konsequenzen sowie der Achtung fundamentaler Grundrechte. Der Kapital-Allokationsprozess berücksichtigt sowohl die positiven als auch die negativen Wirkungen von Investments. Negativ wirkende Investitionen werden ausgeschlossen, selbst wenn diese unter ESG-Kriterien als positiv erachtet werden, wodurch die Anlagealternativen gegebenenfalls signifikant eingeschränkt werden.

Stakeholderorientierung:

Impact Investing steht für eine Investitionspraxis, welche sich an dem Modell eines Stakeholder-Kapitalismus (wirkungsorientierte Ökonomie) orientiert, im Gegensatz zur verbreiteten Norm des Shareholder Fokus (finanzielle performancemaximierende Ökonomie). Das gegenwärtige Wirtschaftsmodell welches den (realen) positiven und negativen Wirkungen von Investments und Assets kein entscheidendes Gewicht beimisst, hat unter anderem zu einem gravierenden Marktversagen (Klimakrise) geführt und begründet das Vorhandensein einer kaum zu schließenden globalen Finanzierungslücke, die durch die Sustainable Development Goals der UN (SDGs) definiert wurde.

Systemisches Veränderungsstreben:

Über die reine Investmenttätigkeit hinaus geht es beim Impact Investing auch darum, sich für eine systemische Veränderung des Finanzsektors zu engagieren – das heißt es wird angestrebt, dass Mainstream-Kapitalmärkte stärker wirkungsorientiert investieren, als es derzeit der Fall ist. Das Zentrum für nachhaltige Finanzen und Private Wealth (CSP) der Universität Zürich stellt eine andere Möglichkeit zur Konzeptionalisierung von Impact Investing dar, vergleiche Abbildung. Negative und/oder positive Screening-Methoden sind einfach zu implementieren, führen jedoch zu geringen und oftmals unklaren Impact-Ergebnissen. Dagegen sind Impact Investitionen oder auch wertorientiertes Investieren eindeutig am oberen Ende des Spektrums anzusiedeln und erfordern einen hohen Aufwand bei der Umsetzung, bieten jedoch einen hohen und klaren Beitrag zur positiven Wirkung!

Fazit:

Nur zielgerichtetes Know-how zum Thema Impact Investing schafft Selbstvertrauen gegenüber der Finanzdienstleistungsbranche und versetzt den Vermögensinhaber beziehungsweise ein Family Office in die Lage, das Vermögen auf nachhaltige und wirksame Weise verwalten und kontrollieren zu können. Nur wenn Vermögensinhaber und Family Offices wissen, welche Ziele oder SDGs sie mit ihren Impact-Investitionen unterstützen, können sie von der Branche effiziente und individuelle Lösungen verlangen. Neben dem allgemeinen Wachstum des Ökosystems entwickeln sich derzeit spezialisierte Berater und Multi Family Offices mit Schwerpunkt auf nachhaltigem Investieren und Impact Investing, wodurch die bestehenden Herausforderungen sicherlich zunehmend überwunden werden können.

Peter Brock

Peter Brock

Peter Brock ist freiberuflicher strategischer Berater von Unternehmerfamilien, um deren Family Office zu gründen und/oder zu leiten. Im Rahmen dieser Tätigkeit ist er seit April 2020 als Investment Director auch für das Single Family Office 4L Vision GmbH tätig, das zu 100 Prozent Impact Investing betreibt. In diesem Zusammenhang ist er Mitgründer der Bundesinitiative Impact Investing, wo er die Arbeitsgruppe Family Offices leitet.

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