ESG steht in meinen Augen ein bisschen für „Finanzen mit Herz“

Dr. Rupini Deepa Rajagopalan

Immer mehr Banken besetzen die Funktionen mit Verantwortung für die Nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens und er Angebote an ihre Kunden mit starken Persönlichkeiten. Bei der Berenberg Bank trägt Dr. Rupini Deepa Rajagopalan als Head of ESG Office im für die Bank besonders wichtigen Wealth and Asset Management die Verantwortung. Wir sprachen mit ihr über eine ungewöhnliche Karriere über ihre Ziele und die Verantwortung der Bank.

ENI: Eine spannende Kariere hat Sie zu Ihrer heutigen Verantwortung als Head of ESG Office beim renommierten Privatbankhaus Berenberg gebracht. Was waren die wichtigsten Stationen oder auch Erlebnisse, die Sie bewogen haben, sich so intensiv dem Thema Nachhaltigkeit zu verschreiben?

Dr. Rajagopalan: Da ich aus dem Investmentbanking komme, wollte ich meine Masterarbeit ursprünglich über die Preisgestaltung bei Börsengängen schreiben, mein Professor schlug mir jedoch vor, mich mit ESG zu beschäftigen. Der Gedanke, dass Firmen, die Gutes tun, bessere Ergebnisse liefern können, und die Idee, Unternehmen nicht nur aus finanzieller Sicht zu analysieren, faszinierte mich. In meiner Doktorarbeit analysierte ich dann die Auswirkungen von ESG-Skandalen auf den Markt, und seitdem bin ich in diesem Bereich geblieben. ESG steht in meinen Augen ein bisschen für „Finanzen mit Herz“.

ENI: Welche Rolle spielt dabei, dass Sie auf Ihrem Weg verschiedenste Kulturen erlebt haben?

Dr. Rajagopalan: Ich bin in Malaysia aufgewachsen, habe aber unter anderem in den USA, dem Vereinigten Königreich und jetzt in Deutschland gelebt und gearbeitet. Ich denke, dass ich deshalb gut darin bin zu verstehen, wie Menschen arbeiten, kommunizieren und soziale Kontakte pflegen. Das hilft mir in einer internationalen Bank wie Berenberg natürlich.

ENI: Heute haben Sie die Verantwortung das Thema Nachhaltigkeit systematisch für Berenberg zu entwickeln und nach innen und außen zu tragen. Auf welche Erfolge sind Sie besonders stolz?

Dr. Rajagopalan: Als ich vor vier Jahren das Angebot erhielt, das ESG-Office bei Berenberg aufzubauen, war ich eher skeptisch. –Damals war ich Juniorprofessorin an der Universität Hamburg, kannte aber die Herausforderungen, die Vermögensverwalter bei der ESG -Integration haben. Aber das Wealth & Asset Management von Berenberg verwaltet seit Jahrzehnten ESG-Mandate, und sie suchten jemanden, der ESG vorantreibt und einen systematisierten Weg findet, ESG in alle Anlageklassen einzubinden. Seit meinem Eintritt haben wir drei ESG-Fonds aufgelegt, unsere ESG-Richtlinie und eine Richtlinie für Stimmrechtsvertretung entwickelt. Bei PRI haben wir eine A+-Bewertung für unser erstes ESG-Strategie- und Governance-Modul erhalten. Der Berenberg Sustainable World Equities hat einen Sustainable Finance Award gewonnen. Ich bin stolz darauf, was wir erreicht haben, aber wir haben immer noch viel zu tun. ESG-Trends und die Regulierung in diesem Bereich ändern sich stetig, darauf muss man reagieren können.

ENI: Wie packen Sie es an, ihre Kolleg*innen bei Berenberg durch Ihre Überzeugung für das Thema zu begeistern?

Dr. Rajagopalan: Die meisten meiner Kollegen waren bereits von diesem Thema begeistert, und einige versuchen auch ihr Privatleben möglichst nachhaltig zu gestalten. Aber es gibt natürlich auch diejenigen, die überzeugt werden müssen. Das tun wir mit regelmäßigen Schulungen zu aktuellen ESG-Trends und welche Risiken die Nichteinhaltung von ESG-Standards bedeuten kann.

ENI: Welches sind die wichtigsten Herausforderungen bei der Transformation aller relevanten Geschäftsaktivitäten der Bank?

Dr. Rajagopalan: Die größte Herausforderung besteht darin zu verstehen, was Nachhaltigkeit für alle anderen Geschäftsaktivitäten bedeutet. Seit wir in unserem Geschäftsbereich eine ESG-Strategie eingeführt haben, beschäftigen sich auch andere Teile des Hauses stärker mit ESG. So co-finanzieren wir im Corporate Banking mit unseren Green Energy Junior Debt Funds Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien. Im Aktienresearch gibt es ein ESG-Team, das dabei ist, ESG-Analysen in unsere Kernprodukte im Aktienresearch zu integrieren.

ENI: Als ältestes Bankhaus Deutschlands und als stabile und seriöse Privatbank ist Ihr Unternehmen auch Vorbild und Orientierung mit den Ansprüchen von „Sustainable Finance“ umzugehen. Wie können Sie dies aus Ihrer Rolle heraus fördern?

Dr. Rajagopalan: Ich glaube an ESG, nicht weil es ein aktuelles Thema ist, sondern weil ich überzeugt bin, dass Unternehmen an einer nachhaltigen Zukunft für die Gesellschaft und Umwelt mitwirken müssen. Vor allem angesichts des Themas Greenwashing halte ich es für wichtig, dass wir allgemeinverbindliche und auch erreichbare Standards setzen.

ENI: Haben Sie manchmal gedacht, Ihre Arbeit könnte in einer anderen Branche leichter sein?

Dr. Rajagopalan: Wenn die Arbeit Freude macht und man das Gefühl hat, tatsächlich etwas zu verändern, ist die Branche eigentlich egal. Und ich kann etwas bewirken, wenn ich zum Beispiel mit kleineren Unternehmen zusammenarbeite, um deren ESG-Standards zu verbessern.

ENI: Wie geht Ihre Reise weiter? Was sind die nächsten Schritte und Herausforderungen, die Sie anpacken?

Dr. Rajagopalan: Ich habe vor kurzem ein Kind bekomme und lerne immer noch, Vollzeitarbeit und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen. Bei Berenberg möchte ich unsere ESG-Aktivitäten weiter ausbauen, so arbeiten wir zum Beispiel gerade an einer Klimastrategie.

ENI: Privatbanken sind eher diskret. Wie kann dennoch ein wichtiges Element der Nachhaltigkeit – die Transparenz – gewährleistet werden?

Dr. Rajagopalan: Für uns gehen Nachhaltigkeit und Transparenz Hand in Hand. Deshalb berichten wir im Wealth and Asset Management über ESG in unseren Fonds-Factsheets und haben vor kurzem unseren zweiten Active Ownership Report veröffentlicht, der Informationen über unsere Engagements und Proxy Voting-Aktivitäten enthält.

ENI: Messung ist eine große Herausforderung im nachhaltingen Investment. Wie (be-)messen Sie den Erfolg Ihrer Arbeit?

Dr. Rajagopalan: Erfolg ist ein großes Wort. Für mich, die ich das Privileg hatte, das ESG-Office aufzubauen, ist der Gedanke, dass meine Strategie und Politik umgesetzt wurden, bereits ein großer Erfolg. Es sind aber auch die kleinen Erfolge: Wenn wir uns beispielsweise aufgrund von ESG-Themen von einem Unternehmen trennen, zeigt das, dass wir Unternehmen, die sich nicht an gute Standards halten, entschieden entgegentreten. Es ist eine Kombination aus diesen Faktoren, die mich stolz und glücklich macht.

Dr. Rupini Deepa Rajagopalan
Dr. Rupini Deepa Rajagopalan leitet seit März 2018 das ESG Office bei Berenberg und unterstützt das Wealth and Asset Management Team bei der Weiterentwicklung ihren Angebots an nachhaltigen Anlageprodukten. Sie ist verantwortlich für die ESG Policy, Strategie, Positionierung, Integration, Produktentwicklung und Innovation des Berenberg Wealth and Asset Management. Vor ihrem Start bei Berenberg war sie als Juniorprofessor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere für Social Investment, an der Universität Hamburg tätig.
Zuvor arbeitete sie in verschiedenen Positionen im Banken- und Consulting-Sektor in den USA und Malaysia. Dr. Rajagopalan hat an der University of Reading (UK) in Finanzwissenschaften promoviert und sowohl an der Victoria Universität (Melbourne) als auch an der Universität St. Andrews (UK) studiert.
www.berenberg.de

Schreibe einen Kommentar

Weitere interessante Artikel