Mit der Auszeichnung als „Bester Impact Investor 2022“ wurde die Carl-Zeiss-Stiftung (CZS) erst kürzlich geehrt und zeigt damit die immer wichtiger werdende Bedeutung von wirkungsorientierten Anlagestrategien in der Kapitalanlage. Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert und finanziert hauptsächlich Forschungsprojekte an Hochschulen und leistet damit einen Beitrag zur langfristigen Entwicklung von innovativen Technologien.
Über die Kapitalanlage der Carl-Zeiss-Stiftung hat unsere Co-Herausgeberin Hanna M. Hornberg mit dem stellvertretenden Geschäftsführer Hannes Banzhaf gesprochen.
Hanna M. Hornberg: Herr Banzhaf, Sie sind schon seit einigen Jahren bei der CZS tätig und für die Kapitalanalgen der Stiftung verantwortlich. Was ist die Besonderheit der CZS als institutioneller Investor?
Hannes Banzhaf: Eine Besonderheit ist, dass wir nicht das eigentliche Stiftungskapital am freien Kapitalmarkt anlegen, da es sich hier um die Stiftungsunternehmen Zeiss und Schott handelt. Beide Unternehmen sind Aktiengesellschaften, die wir zu hundert Prozent halten. Das heißt, wenn wir über das Thema Vermögensanlage sprechen, dann geht es um die Liquidität aus den Dividenden der beiden Unternehmen. Daraus ergibt sich als weitere Besonderheit, dass diese Liquidität nur zum Teil längerfristiger angelegt werden kann. Da wäre es eine Option, dass man die Liquidität nur in kurzfristige Anlagen oder geldmarktnah anlegt. Wir sind einen anderen Weg gegangen und legen bewusst einen Teil unserer strukturellen Liquidität längerfristiger an. Für dieses Teil-Portfolio haben wir uns ein Renditeziel gesetzt, das sich an einer relativ niedrigen Risikoneigung orientiert. Gleichzeitig ist unser Portfolio stark diversifiziert, sodass wir auch in Anlageklassen investieren wie zum Beispiel Private Equity oder Venture Capital. Für uns steht das in keinem Widerspruch zu dem Ziel eines relativ wertstabilen Portfolios.
Hornberg: Sind das dann auch die Herausforderungen für Sie aktuell und wo sehen Sie die längerfristigen Herausforderungen?
Banzhaf: Was die Vermögensanlage der Stiftung angeht, würde ich sagen, dass momentan die Herausforderung darin besteht, dass wir in den letzten Jahren relativ viele Geschlossene Fonds im Bereich Privatmarkt gezeichnet haben. Da müssen wir jetzt darauf achten, dass wir nicht übersteuern, sowohl im Bereich der administrativen Komplexität als auch hinsichtlich der Anzahl der Zielfonds und Asset Manager. Wichtig ist es, einen langfristigen Investmentplan auszuarbeiten und lange genug, rund 10 bis 15 Jahre, voraus zu blicken. Wir sind nun selektiver, wenn es um die Frage geht, ob wir einen neuen Manager an Bord nehmen. Wenn wir Zeichnungen vornehmen, insbesondere im geschlossenen Bereich, sind es nun meist bewusst größere Volumina (Tickets), damit wir langfristig nicht zu kleinteilig investiert sind. Dabei schauen wir auch dezidiert darauf, welche Strategien unsere bestehenden Asset Manager im Fundraising haben und bei welchen bestehenden offenen und liquiden Fonds wir das Volumen erhöhen können, ohne die Anzahl der Finanzanlagen zu erhöhen.
Hornberg: Das heißt also insgesamt eine auf Langfristigkeit ausgerichtete Strategie und damit auch Themen, mit denen man sich auch langfristig beschäftigen muss. Sie sind als Carl-Zeiss-Stiftung eine Förderstiftung mit dem Fokus auf die sogenannten MINT Bereiche (also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) – also auch Themen, die aus nachhaltiger Sicht eine wichtige Rolle spielen. Gilt das auch für die Kapitalanlage der Stiftung?
Banzhaf: Ja – wir sind eine auf Gemeinwohl ausgerichtete Stiftung und wir haben in den letzten Jahren Schwerpunktthemen definiert, die wir aus gesellschaftlicher Sicht für relevant halten. Daher macht es aus unserer Sicht Sinn, dass wir diese Themen auf der Finanzanlageseite spiegeln. Ich sage immer gerne: Auf der Förderseite, wenn man es rein finanziell betrachtet, gehen wir einen „garantierten Verlust“ von hundert Prozent ein, und auf der Finanzanlageseite ist es möglich, dass wir einen zusätzlichen Impact generieren, ohne dass wir nur einen Euro verlieren. Ich bin davon überzeugt, dass wir marktübliche Renditen erzielen und gleichzeitig Impact generieren können.
Hornberg: Das heißt also, dass Sie sich nicht nur aus Ihrer Fördertätigkeit und Ihrer Überzeugung mit dem Thema Impact beschäftigen, sondern auch systematisch in Ihre Kapitalanlage einbauen. Illiquide Anlageklassen wie beispielsweise Private Equity/Private Debt oder Infrastruktur haben insbesondere in den letzten Jahren, auch bedingt durch die niedrigen oder kaum vorhandenen Zinsen, eine immer größere Bedeutung gewonnen. Wie geht Ihr Haus mit dem Thema um beziehungsweise welche Rolle spielt zum Beispiel Private Equity oder Private Debt in dem Zusammenhang für Ihr Haus?
Banzhaf: In der Niedrigzinsphase gab es einen signifikanten Renditeabstand zwischen Privatmarktanlagen wie zum Beispiel Private Equity oder Private Debt im Vergleich zu insbesondere Anleihen. Der Renditeabstand hat sich jetzt deutlich verringert, aber trotzdem sind wir weiterhin davon überzeugt, dass Privatmarktanlagen mehrere Vorteile haben, die für ein Portfolio wichtig sind. Ich beginne mit dem nichtfinanziellen Vorteil: Impact kann man vor allem durch Privatmarktanlagen erzielen, da hier gezielt zusätzliches Kapital zur Verfügung gestellt wird. Auf der finanziellen Seite haben Privatmarktanlagen auch wichtige Vorteile: Ein relevanter Vorteil ist, dass viele Privatmarktanlagen ganz unterschiedliche Risikofaktoren haben, die sich relativ unabhängig voneinander realisieren, und damit eine relativ tiefe Korrelation zum Gesamtportfolio aufweisen. Und das ist aus unserer Sicht entscheidend für eine hohe Diversifikation. Darüber hinaus gibt es noch Illiquiditäts- und Komplexitätsprämien, die zusätzlich für Privatmarktanlagen sprechen. Stiftungen, die – anders als wir – das Stiftungskapital am freien Kapitalmarkt anlegen, haben quasi keine Liquiditätsbeschränkungen und können maximal illiquide anlegen. Vor dem Hintergrund erstaunt es, dass so viele Stiftungen größtenteils oder sogar vollständig liquide anlegen und damit wenig oder keine Illiquiditätsprämien vereinnahmen.
Hornberg: Gibt es für Sie Strategien, die eine besondere Relevanz haben oder denen Sie Vorrang geben würden?
Banzhaf: Grundsätzlich haben wir dahingehend schon eine gewisse Offenheit und schauen uns an, was aus finanzieller und nicht-finanzieller Sicht am besten zu uns passt. Unsere Stiftungsunternehmen Zeiss und Schott haben früh von Kooperationen mit der Wissenschaft profitiert. Zum Beispiel hat Ernst Abbe die wissenschaftliche Expertise für den Mikroskop-Bau bei Zeiss eingebracht. Deshalb steckt es sozusagen in unserer DNA, wissenschaftliche Erkenntnisse zur Anwendung zu bringen. Vor diesem Hintergrund haben wir uns für eine Investition in einen Venture Capital Fonds entschieden, und setzen im Bereich Private Equity auf Fonds mit Ausrichtung auf Growth, relativ frühphasig, und nicht im Bereich Buy-out. Im Bereich Buy-out gibt es unseres Erachtens viel Kapital, welches bereitsteht, da ist der Kapitalbedarf für die Firmen oft nicht mehr so groß.
Hornberg: Und was haben Sie sich in dem Zusammenhang für dieses Jahr in Sachen Privatmarktanlagen, insbesondere nach dem schwierigen Jahr 2022 am Kapitalmarkt, vorgenommen und gibt es Änderungen, die Sie aus Ihren Erfahrungen herleiten würden?
Banzhaf: Ich hatte erwähnt, dass wir in den letzten Jahren relativ viele Fonds gezeichnet haben. Wir haben uns vorgenommen, dass wir zukünftig nicht in der gleichen Frequenz zeichnen wollen, insbesondere Geschlossene Fonds. Das heißt wir sind selektiver unterwegs und achten noch mehr auf Impact. Wir haben derzeit noch zwei Strategien mit dezidiertem Impact-Fokus im Blick, die wir voraussichtlich dieses Jahr zeichnen werden. Insgesamt ist es für uns wichtig, nicht zu kleinteilig zu investieren.
Hornberg: Wenn Sie jetzt aus Ihrer Erfahrung den Privatmarkt betrachten und den Impact, den sie damit generieren – wie würden Sie anderen Investoren Mut machen, sich auf den Weg zu begeben? Sie hatten es eben schon erwähnt, es könnten sich durchaus mehr Stiftungen mit dem Thema befassen.
Banzhaf: Es gibt im Bereich Impact und Privatmarktanlagen durchaus Produkte, die relativ einfach zu verstehen sind, das heißt wo die ökonomische Logik gut nachvollziehbar ist und auch die Wirkung, also der Impact, klar ersichtlich ist. Wenn man komplexe Produkte meidet und stattdessen Produkte auswählt, bei denen die Wirkung sowohl finanziell als auch von der Impact-Seite her relativ klar ist, dann kann man meines Erachtens durchaus erste Schritte wagen. Nehmen wir einen Windpark-Fonds als Beispiel: Der Windpark wird Strom generieren und diesen Strom verkaufen. Die Risikoabschätzung ergibt sich aus der Volatilität der Stromproduktion und des Strompreises. Und wenn man die Erneuerbaren Energien fördert, wird die Investition zur Energiewende beitragen. Also ein Produkt, wo ich sagen würde, das ist nicht überkomplex. Man kann natürlich auch, wenn man es sich nicht selbst zutraut eine Produktauswahl zu treffen, auf einen Consultant zugehen, der einen breiten Marktüberblick hat und entsprechend unterstützen kann, sei es bei der Produktauswahl oder der Fondsprüfung. Das haben wir teilweise auch gemacht, insbesondere für Anlageklassen, wo wir die eigene Expertise als nicht so umfassend eingestuft haben. Ein guter Weg, den man gehen kann.
Hornberg: Herr Banzhaf, vielen Dank für das Interview.

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