Die Anlageklasse Mikrofinanz hat sich in den vergangenen Jahreneiner großen Nachfrage erfreut

Die Invest in Visions GmbH wurde 2006 von Edda Schröder mit dem Ziel gegründet, institutionellen und privaten Anlegern den Zugang zu Impact Investments zu ermöglichen. Dies sind Anlagen, die neben finanziellen Erträgen auch eine soziale Rendite bieten. Als Mikrofinanzinvestor der ersten Stunde hat sich Invest in Visions einen Namen gemacht und im Jahr 2011 mit der Auflegung des „IIV Mikrofinanzfonds“ als erstem Fonds dieser Anlageklasse in Deutschland für private und institutionelle Anlegern einen wichtigen Meilenstein erreicht. Neben Mikrofinanz beschäftigt sich Invest in Visions mit den Bereichen Bildung, Erneuerbare Energien und mit der Finanzierung kleiner und mittelständischer Unternehmen, sowie ganz allgemein mit sozialen Projekten und Wirkungskrediten. Dabei liegt der Fokus immer auf den Schwellen- und Entwicklungsländern. Mit Frau Schröder sprach die ENI-Co-Herausgeberin Hanna M. Hornberg.

Hanna Hornberg: Du bist in letzter Zeit viel auf Reisen gewesen, zum Beispiel in Zentralasien und China, die Du mit Investorinnen und Investoren unternommen hast. Wie waren Deine Eindrücke vor Ort?

Edda Schröder: Es ist jedes Mal wieder interessant ein anderes Land und eine andere Kultur kennenlernen zu dürfen. Auch wenn ich zum Beispiel wie in Usbekistan nicht das erste Mal vor Ort war, gibt es immer wieder neue Erkenntnisse.
China habe ich, gemeinsam mit meinem Kollegen, im Mai dieses Jahres das erste Mal besucht. Dort sind wir auch mit unserem „IIV Mikrofinanzfonds“ investiert. Gemeinsam mit unserem Advisor vor Ort haben wir Mikrofinanzinstitute, Banken und auch Kleinunternehmen besuchen können. Ich habe ein anderes Bild erleben dürfen als das, welches mir aufgrund der medialen Berichterstattung vermittelt wurde. Ich muss allerdings auch berücksichtigen, dass uns – als Investor – die positiven Seiten der Investition und der wirtschaftlichen Lage gezeigt wurde. Nichtsdestotrotz zeigen auch Fakten, wie zum Beispiel ein funktionierendes schnelles Bahnnetz, E-Mobilität in den Städten, ein aufschlussreiches Bild der wirtschaftlichen Aktivitäten in China. Die Medaille hat wie immer zwei Seiten. Stadt und Land zum Beispiel sind sehr unterschiedlich bezüglich der wirtschaftlichen Aktivitäten und des Wohlstands. Es gibt nach wie vor hunderte von Millionen arme Menschen in China, die eine Unterstützung durch Mikrokredite benötigen.
Mit Investorinnen und Investoren habe ich im Juni Usbekistan besuchen dürfen. Ein Land in Zentralasien mit rund 36 Millionen Einwohnern, welches wirtschaftlich floriert und von den Medien auch schon als die „Schweiz“ Zentralasiens beschrieben wurde. Taschkent, die Hauptstadt, ist eine pulsierende Stadt mit vielen unternehmerischen Gründungen. Aber auch auf dem Land – wir waren im Fergana Valley – spürt man eine Art Aufbruchstimmung. Unsere Investoren waren auf der einen Seite überrascht über das fortschrittliche Land, auf der anderen Seite findet man auch dort im ländlichen Bereich noch Armut vor. 50 Prozent der Usbeken haben bis heute keine Bankverbindung.
Eine Teilnehmerin hat ihre Eindrücke sehr schön wiedergegeben: „Es war eine faszinierende Reise in eine auch hinsichtlich der Architektur bunte Welt, die so sehr dynamisch ist und danach strebt, in manchen Dingen der unseren ähnlich zu werden. Ich habe begriffen, dass wir selbst von dieser Welt sehr viel lernen können: Das Herzliche, die Zuversicht, Stolz, Freude, Tanzen, Offenheit… Ich begreife, dass wir von dieser Gesellschaft etwas lernen könnten, was wir vielleicht auch gerade durch unser System ein wenig verloren haben und was wir Menschen eigentlich so sehr brauchen – uns als Gemeinschaft. Freilich wage ich zu bezweifeln, dass diese Gemeinschaft, die Herzlichkeit und Dynamik dort überall zu finden ist; doch ist sie mir in wenigen Momenten begegnet und merklich aufgefallen. Ich habe eine Hochachtung vor den Menschen, denen ich dort begegnen durfte und insgeheim bin ich ihnen allen dankbar, dass sie mich über meinen eigenen Tellerrand haben blicken lassen.“

Hornberg: Gibt es regionale Veränderungen, die für Investoren relevant sind? Insbesondere vor dem Hintergrund der verschiedenen Krisen der letzten Zeit: Corona, Krieg in der Ukraine, hohe Inflation, Verschiebung der globalen Handelspartner…etc.

Schröder: Das Portfolio des „IIV Mikrofinanzfonds“ ist sehr breit über 32 Länder in den Entwicklungs- und Schwellenländern diversifiziert. Unsere Investitionen entscheiden wir unter anderem auch nach den Risiken, die von bestimmten Ländern/Regionen ausgehen. So haben wir im ersten Halbjahr 2022, nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine, in der Region keine neuen Darlehen ausgezahlt. Seit Ende letzten Jahres, nachdem wir uns von der Situation vor Ort überzeugt haben, investieren wir wieder im Kaukasus, Osteuropa oder Zentralasien. Die Inflationsraten haben sich weltweit auch sehr unterschiedlich entwickelt. In vielen Ländern, wie zum Beispiel Indien oder Ecuador, sind sie im unteren einstelligen Bereich zu finden. Da wir Unternehmungen in den lokalen Märkten vor Ort finanzieren, spielen für uns internationale Handelsbeziehungen eine geringere Bedeutung. Die globale Pandemie war eine andere außergewöhnliche Situation Anfang 2020. Niemand wusste, was auf uns zukommt, gerade auch in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Im Jahr 2020 waren wir sehr zurückhaltend mit Investitionen, allerdings war auch die Nachfrage nicht sehr groß. Diese begann erst in 2021/ 2022 um den Nachholeffekt der Mikrounternehmer zu finanzieren. Zur Unterstützung der Finanzinstitute vor Ort haben wir Darlehen für etwa sechs bis zwölf Monate gestundet. Diese werden mittlerweile wieder gänzlich bedient.

Hornberg: Wie ist aktuell die Resonanz auf das Thema Mikrofinanz von Investoren, ist es eher eine Nische oder dient die Allokation eher der Diversifikation?
Schröder: Die Anlageklasse Mikrofinanz hat sich in den vergangenen Jahren einer großen Nachfrage erfreut. Aufgrund der Marktgröße (die Weltbank spricht über rund 880 Milliarden US-Dollar Finanzierungslücke) ist Mikrofinanz eine Nische, jedoch sehr gut als Diversifikation eines Portfolios geeignet. Sie ist sehr gering korrelierend zu Aktienmärkten, Rentenmärkten oder auch Gold. Gerade im Jahr 2022 hat sich dies wieder bewiesen.

Hornberg: Wie hat sich die Investorenzusammensetzung für Mikrofinanzfonds über die Zeit, aber auch langfristig (20 Jahre und mehr) verändert?

Schröder: Seit Auflage der ersten Fonds im Jahr 2004 haben sich die Art der Investoren verändert. Waren es zu Beginn überwiegend Investoren, für die der soziale Impact eine übergeordnete Rolle spielte, sind es im Laufe der Zeit Investoren geworden, die die finanzielle Rendite (mit den Merkmalen der geringen Korrelation, stetige Rendite, geringe Volatilität) mit einer sozialen Rendite kombinieren wollen. Es gibt auch Investoren, die diese Anlageklassen in der Niedrigzinsphase als Geldmarktersatz eingestuft haben. Jedoch vereint die Anlageklasse private Investoren/Family Offices mit institutionellen Investoren. Die Regulatorik trägt ihres dazu bei.

Hornberg: Welche Kriterien sind ausschlaggebend bei der Auswahl von Microfinanzfonds? Sind es nach wie vor die sozialen/gesellschaftlichen Aspekte?

Schröder: Grundsätzlich sollte bei der Auswahl von Mikrofinanzfonds auch die Risikobetrachtung eine Rolle spielen, denn es geht auch hier um ein Investment. Aber Risiken bestehen aus finanziellen Risiken als auch aus nachhaltigen/ESG Risiken. Diese sollten beide bei der Auswahl der Fonds eine Rolle spielen. Dabei sollten, meiner Ansicht nach, die wirkungsorientierten Aspekte eine Selbstverständlichkeit sein.

Hornberg: Liebe Edda, ich danke Dir für das aufschlussreiche Gespräch.

Edda Schröder ist Gründerin und Geschäftsführerin bei Invest in Visions. Seit 1994 ist Edda Schröder in der Asset-Management-Branche in unterschiedlichen Positionen tätig. Unter anderem war sie bei der Fondsgesellschaft Flemings (heute JP Morgan Asset Management) tätig und verantwortete danach als Geschäftsführerin der Schroder Investment Management GmbH den Publikumsfondvertrieb in Deutschland und Österreich. 2006 gründete sie dann Invest in Visions mit dem Kernbereich Mikrofinanz. 2011 initiierte Invest in Visions den „IIV Mikrofinanzfonds“, der erste in Deutschland zugelassene Mikrofinanzfonds, der auch für Privatanleger zugänglich ist.

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