BaFin plant Begrenzung der Vertriebsprovisionen in der Lebensversicherung

Im BaFin Journal März 2022 veröffentlichte das Grundsatzreferat Lebensversicherungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter dem Titel „Wenn Lebensversicherungen zu viel kosten“ die Ergebnisse einer Marktbefragung zu den Effektivkosten und weiteren Informationen zur Kostenbelastung von Versicherungsanlageprodukten. Hohe Kosten können nach Einschätzung der Aufsichtsbehörde einerseits darauf hindeuten, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis von Versicherungsanlageprodukten nicht angemessen ist.

Andererseits könne die Kostenbelastung eines Produkts darüber hinaus ein Hinweis auf Interessenkonflikte im Vertrieb sein, die durch hohe Provisionszahlungen an Vermittler verursacht werden. Insbesondere für das Segment der fondsgebundenen Lebensversicherungen wies die BaFin auf Risiken hin, die sich aus hohen Effektivkosten und Rückvergütungen der Kapitalverwaltungsgesellschaften ergeben könnten, und kündigte an: „Stellt die BaFin Mängel im Produktfreigabeverfahren oder beim Umgang mit Interessenkonflikten im Vertrieb fest, wird sie auf die Beseitigung dieser Mängel hinwirken. Soweit erforderlich, würde sie hierfür auch geeignete Anordnungen gegenüber den jeweiligen Lebensversicherern erlassen.

Im Rahmen der BaFin-Jahrespressekonferenz am 3. Mai 2022 konkretisierte Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, die Pläne der Aufsichtsbehörde zur Begrenzung der Vertriebsprovisionen dahingehend, dass sogenannte „Provisionsrichtwerte“ für fondsgebundene Lebensversicherungen eingeführt werden sollen. Details, etwa zur Höhe des Richtwerts, kündigte er für die zweite Jahreshälfte an.

Stellungnahme Votum-Verband

Rechtsanwalt Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des Votum-Verbands, kritisiert die Ankündigung der Provisionsrichtwerte in einer Stellungnahme als klare Kompetenzüberschreitung der BaFin: „Nur weil man dem Kind mit dem Begriff ‚Richtwert‘ einen neuen Namen gibt, bedeutet dies nicht, dass sich die Zuständigkeiten ändern. Derartige regulative Markteingriffe benötigen in jedem Fall eine konkrete gesetzliche Grundlage und können nicht allein der Willkür der Aufsichtsbehörde überlassen werden.

Dies wird im Übrigen offensichtlich am Beispiel der Krankenversicherung: Die Provisionsgrenzen in der privaten Krankenversicherung haben mit § 50 VAG eine eindeutige gesetzliche Grundlage. Es kann daher nicht sein, wenn von der Aufsicht versucht wird, am Gesetzgeber vorbei, solche Grenzen in der Lebensversicherung per Rundschreiben einzuführen. Die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit muss auch die BaFin beachten und die jetzige Regierung hat mit ihrem Koalitionsvertrag klar vorgegeben, dass ein Provisionsdeckel in der Lebensversicherung nicht zur Diskussion steht.

Die Ausgangssituation hat sich gegenüber der schon in den vergangenen Jahren geführten Diskussion in keiner Weise verändert. Auch die damaligen Untersuchungen haben gezeigt, dass es keine Marktverwerfungen gibt, die einen derartigen Eingriff notwendig machen. Das verfassungsrechtliche Gutachten des ehemaligen Verfassungsgerichtspräsidenten Dr. Papier hat die rechtliche Situation eindeutig und umfassend dargelegt und dies wurde auch von den politischen Entscheidungsträgern nachvollzogen.

Es gibt daher keine Rechtsgrundlage für ein aufsichtsrechtliches Handeln unter Umgehung des Gesetzgebers. Die nunmehr von Herr Dr. Grund herangezogenen Marktuntersuchungen belegen erneut keine Missstände im Bereich der Provisionsvergütung. Es handelt sich hierbei um Daten zu den Effektivkosten der Lebensversicherer. Von diesen Daten kann keinesfalls automatisch auf problematische Provisionshöhen oder aber etwaig notwendige Begrenzungen geschlossen werden.

Auch die gebetsmühlenartig vorgetragene Behauptung, dass die Kosten insbesondere bei den fondsgebundenen Lebensversicherungen zu hoch sind und damit die Rendite schmälern, treffen nicht zu. Die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA hat in ihrem im April veröffentlichten ‚costs and past performance report 2022‘ die Renditen von fondsgebundenen Lebensversicherungen in den zurückliegenden fünf Jahren untersucht. Sie kommt dabei zu durchaus erfreulichen Werten, welche deutlich über denen von klassischen Lebensversicherungsprodukten liegen. Die geringfügig höhere Nettokostenquote von Fondspolicen führen daher tatsächlich nicht zu geringeren Renditen, so dass auch insoweit eine Schieflage im Markt nicht zu beobachten ist.

Es ist zudem für alle erfahrenen Marktteilnehmer nachvollziehbar, dass ein einheitlicher Provisionsrichtwert den unterschiedlichen Vertriebsmodellen im Markt ohnehin nicht gerecht werden kann. Die sehr eigenständige Vermittlung von Versicherungsprodukten über große Mehrfachagenten und Maklerpools bindet weniger Ressourcen des Versicherungsunternehmens als der Vertrieb über die eigene Ausschließlichkeit, was sich auch in differenzierten Provisionssätzen abbildet. […] Die BaFin ist daher gut beraten, wenn sie von den Plänen ihres angekündigten Rundschreibens Abstand nimmt.“

Stellungnahme des BVK

Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) hält Eingriffe in die Vergütungen der Versicherungsvermittler für kritisch. Denn sie widersprächen der marktwirtschaftlichen Ordnung und seien deshalb unangebracht. Der BVK habe zudem in der Vergangenheit in mehreren Stellungnahmen bei der Debatte um einen Provisionsdeckel darauf hingewiesen, dass die Begrenzung von Provisionen sich nur marginal und vernachlässigbar auf die Rendite von Lebensversicherungen auswirken würde.

„Nachdem der Gesetzgeber schon in der letzten Legislaturperiode zurecht davon abgesehen hat, einen Provisionsdeckel gesetzlich vorzuschreiben, sind wir über diesen Schritt der BaFin etwas erstaunt“, so BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Allerdings gehen wir davon aus, dass diese aufsichtsrechtlichen Maßnahmen für die Vermittlerbranche weniger einschneidend sind als ein gesetzlich vorgeschriebener Provisionsdeckel. Hier will also die BaFin nur diejenigen maßregeln, die überhöhte Vergütungsstrukturen haben. Unsere Mitglieder werden als ehrbare Versicherungskaufleute davon nicht betroffen sein.“ Nach eigenen Angaben setzt sich der BVK gegenüber den Versicherungsunternehmen schon seit Längerem dafür ein, qualitative Beratungs- und Vermittlungsleistungen stärker zu berücksichtigen. Schließlich sollten Vergütungsmodelle nicht kurzfristigen Erfolg honorieren, sondern eine qualitativ hohe Beratung und Betreuung von Kunden. Dies entspricht auch dem BVK-Berufsbild für Versicherungsvermittler, das geprägt ist von einem Anspruch auf Qualifikation, Weiterbildung sowie einer Orientierung am freien Unternehmertum und der Ethik des ehrbaren Kaufmanns.

Martin Klein in blauem Anzug und blauer Krawatte
Martin Klein (Votum)
Michael Heinz in schwarzem Anzug und blauer Krawatte
Michael H. Heinz (BVK)

Schreibe einen Kommentar

Weitere interessante Artikel