Der Verkauf von Schwarz Pharma im Jahr 2006 war für die Familie Schwarz ein Cash-Event nach dem Vermögen einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden musste. Antonis Schwarz hat nach seinem Studium dann versucht mit seinen Mitteln die drängenden Herausforderungen unserer Zeit anzupacken. Er setzt sich unter anderem für grüne Politik und höhere Steuern für Vermögende ein. Damit nimmt er deutlich Position und fordert sich selbst heraus. Heute ist er als Impact Investor, Philanthrop und Aktivist griechisch-deutscher Abstammung international aktiv. Mit Aktivitäten im Venture Capital- und Family Office-Bereich ist er eine der markanten Personen der europäischen Impact Investing-Landschaft. Er sagt selbst von sich, dass er – da er das Vermögen nur geerbt habe – sein Selbstvertrauen über sinnvolle Aktivitäten erarbeiten müsse. Das Gespräch führte Hans-Jürgen Dannheisig.
ENI: Toni, die Impact Welt wächst und gewinnt viele neue Befürworter und Mitstreiter. Du hast für Dich einen ganz eigenen Weg zwischen – oder besser mit – Philanthropie und Impact Investing gefunden. Was ist Dir besonders wichtig, wenn Du Dich für gute Projekte einsetzt?
Schwarz: Ich glaube, die Menschen hinter den Projekten, mit denen ich zusammenarbeite, stehen im Vordergrund. Die intrinsische Motivation ist für mich ganz essentiell. Ohne die geht eine Zusammenarbeit für mich nicht. Gleichzeitig investiere ich lieber in „kleinere“ Venture Capital Fonds mit unter 50 Millionen Euro AuM und Spende an Projekte mit einem Jahresbudget von unter 150.000 Euro Jahresbudget. Hier gibt es für mich mehr „Additionalität“ als in Großprojekten, wo meine Spende oder Investment wenig Unterschied macht. Besonders interessant finde ich, neue Initiativen oder Fonds zu unterstützen, die es in der Regel schwierig haben, Geldgeber*innen zu finden.
ENI: Wir kämpfen alle an der Klimafront und versuchen möglichst viel Kapital hinter nützliche Initiativen zur CO2 Reduzierung zu bekommen. Bei Dir ist ein Schwerpunkt beim Social Impact zu sehen. Ist das ein Konflikt für Dich?
Schwarz: Auf der Investmentseite liegt mein Fokus eher im Umweltbereich. Auf der philanthropischen Seite eher auf dem sozialen Bereich. Im Endeffekt sind aber die sozialen und ökologischen Probleme miteinander verwoben und man kann und sollte diese nicht getrennt voneinander betrachten. Die Soziologin Kimberly Crenshaw beschreibt das sehr gut mit ihrem Begriff der „Intersektionalität“, an dem sich die von mir gegründeten Guerrilla Foundation orientiert. Ebenso die SDGs, die unter anderem soziale und ökologische Themen inkludieren.
ENI: Du unterstützt eine Reihe von Initiativen oder hast sie selbst auf den Weg gebracht. Welche liegen Dir besonders am Herzen? Kannst Du sie ein wenig beschreiben bitte?
Schwarz: Ich habe Ende 2013 in Griechenland einen Ableger von Abgeordentenwatch namens Vouliwatch gegründet. Die NGO fördert Transparenz, Rechenschaftspflicht und Teilhabe in der griechischen Politik. Über die mehr als sieben Jahre, die es Vouliwatch gibt, sind uns einige Erfolge gelungen, wie zum Beispiel die Aufdeckung von Korruptionsfällen bei Abgeordneten. Seit ein paar Monaten bin ich an einem neuen Projekt in Griechenland dran: eine Energie-Kooperative auf der Insel Samos zu gründen, wo meine Familie ein Sommerhaus hat. Auf Samos wird der Strom leider zu mehr als 80 Prozent aus Dieselgeneratoren produziert. Das wollen wir ändern.
ENI: Du setzt Geld und Beziehungen ein, um ausgewählte Projekte zu treiben. Wie aber kann aus Deiner Sicht der willige aber unerfahrene Anleger jetzt sinnvolle Initiativen unterstützen?
Schwarz: Wenn man in „impact“ investieren möchte, bieten sich für Kleinanleger Crowdinvesting-Plattformen wie Bettervest an. Darüber hinaus glaube ich, dass es unglaublich schwer ist, den Markt zu schlagen. Dies bedeutet aber nicht, dass nicht eine Beimischung von Impact orientierten Investments empfehlenswert sein kann. Es muss sich aber in das individuelle Rendite-Risiko-Profil einfügen. Das heißt, dass für Kleinanleger grosso modo gilt: Sein Geld also in günstige ETF zu investieren und die Beträge zumindest teilweise spenden, finde ich eine gute Strategie. Dabei sind mir die methodischen und technischen Beschränktheiten der ETF bewusst, die Frage, wie viel Passivität Märkte ob ihrer Allokationsfunktion vertragen, die Macht der Indexprovider, das Problem nicht vollreplizierender ETF und vieles andere mehr.
ENI: Du hast Dich seit Jahren für die Nutzung des Bestandes nachrichtenloser Konten für soziale Zwecke eingesetzt. Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung steht: „Wir werden die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, um Guthaben auf verwaisten Konten zur Förderung des Gemeinwohls nutzen zu können.“ Das ist zunächst ein gutes Signal. Wie geht es damit jetzt weiter und was ist Dein konkreter Plan?
Schwarz: Der Koalitionsvertrag ist zunächst eine sehr gute Ausgangsbasis. Förderlich ist auch, dass die zuständigen Ministerien, also BMBF und BMF, subsidiär vielleicht auch BMWi und BMJ von Parteien geführt werden, die für die Reform eingetreten sind. Wir sind in Gesprächen mit der Leitungsebene, damit das Vorhaben zeitnah umgesetzt wird. Aktuell dominieren noch, wenig verwunderlich, Koordinierungs- bzw. Zuständigkeitsfragen. Das aber ist völlig normal. Auch im internationalen Vergleiche gab es genau diese Abstimmungsbedarfe, weil das Vorhaben geschäftsbereichsübergreifend ist. Die neue Koalition will aber sich genau dem stellen und die unterschiedlichen Sichtweisen positiv integrieren, während zuvor häufig die Zuständigkeit als Problem hochgezogen wurde.
ENI: Impact Investing ist keine nationale Angelegenheit. Du bist viel in der Welt unterwegs und vernetzt. Was können wir von Initiativen, Vorgehensweisen und Strukturen in anderen Ländern lernen?
Schwarz: Ich denke in Deutschland könnten Stiftungen viel mehr in Impact Investing Fonds investieren, doch leider sind die Stiftungsauflagen sehr streng. Ich persönlich bin daher auch von der Stiftungsreform der letzten Koalition enttäuscht. Die Kapitalanlagepolitik ist bei uns sehr stark, meiner Einschätzung nach zu stark, von der Gemeinnützigkeitkeitsmaxime einerseits, von dem Flickenteppich der Stiftungsgesetze der Bundesländer andererseits geprägt, die viel zu stark auf Kapitalerhalt fokussiert sind (trotz der Etablierung der Vebrauchsstiftung). Alles in einem sind wir aber jenseits des Stiftungsthemas in Deutschland auf einem guten Weg. Die letzten Jahre hat sich das Ökosystem sehr stark weiterentwickelt und große Akteure wie die Deutsche Börse versuchen Sustainable Finance zur Standardanforderung an Investments zu definieren. Inwieweit sich die EU-Taxonomieverordnung negativ auswirken wird, muss sich zeigen. Hier schließt sich übrigens der Kreis zu den Nachteilen der EU. Wenn EU-seitig Kernkraft und Gas als nachhaltig (zumindest für eine Übergangszeit und unter Auflagen) als „nachhaltig“ definiert werden, nehmen die Indexprovider solche Unternehmen auf mit der Folge, dass passive Gelder automatisch in diese Investments fließen. Das muss man nicht mögen, man sollte aber den Mechanismus verstehen.

Antonis Schwarz
2013 Mitbegründer von Vouliwatch, einer griechischen Nichtregierungsorganisation, die Transparenz,
Teilhabe und Rechenschaftspflicht in der
griechischen Politik fördert.
2016 Gründer der Guerrilla Foundation, die
progressive soziale Bewegungen und
Aktivist*innen unterstützt, die darauf
hinarbeiten, systemischen Wandel in ganz
Europa herbeizuführen.
2018 Mitbegründer des Center for Sustainable Finance and Private Wealth an
der Universität Zürich,
welches zum Thema Impact Investing
forscht und Kurse betreibt.
2018 Gemeinsam mit dem Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland
(SEND e.V.) und mehreren Partnerorganisationen setzt er sich für die Gründung
eines Social Impact Fonds ein, die sich
aus sog. „nachrichtenlosen Vermögenswerten“ finanziert